Die Befreiung der Seele von der Angst
von Robert Sardello
Einleitung
Dieses Buch handelt von der Liebe. Zwar heißt es im Titel, dass es um Angst gehe, aber dessen Sinn und Zweck ist die Liebe. Denn die Angst kann uns belehren, in ganz neuer Art und Weise zu lieben. Das ist, denke ich, letzten Endes das Geheimnis der Angst. Wenn wir vor der Angst nicht fliehen oder versuchen, sie auszumerzen, so entdecken wir uns neu. Wir entdecken uns als Wesenheiten der Liebe.
Bevor es aber zu dieser Entdeckung kommen kann, will ein unerlässlicher Zwischenschritt getan werden, und der Ort, an dem dieser Schritt zu vollziehen ist, ist die Phantasie. Die Angst lässt zwar die Phantasie zunächst auf Hochtouren laufen; aber je länger der Mensch unter ständiger Bedrohung lebt – ob physischer, emotionaler oder psychologischer Bedrohung – desto mehr macht die Phantasie dicht. Dieses Krampfen der Phantasie ist zugleich auch ein Sich-Verengen der Seele. – Unter solchen Umständen werden wir es niemals hinbekommen, uns in einen Zustand hineinzuversetzen, aus dem heraus wir lieben können. Wir müssen in der Seele und in unserer Phantasie eine große Menge an Arbeit leisten, wenn wir die Tiefen der Liebe finden wollen; erst recht, wenn wir lernen wollen, an anderen Menschen und an der Welt überhaupt Liebe zu praktizieren. Das liegt daran, dass Liebe eine Handlung der Seele ist, eine Erfahrung, durch die ein anderer Mensch oder ein geistiges Wesen oder Gott in uns lebt.
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von Robert Sardello
Einleitung
Dieses Buch handelt von der Liebe. Zwar heißt es im Titel, dass es um Angst gehe, aber dessen Sinn und Zweck ist die Liebe. Denn die Angst kann uns belehren, in ganz neuer Art und Weise zu lieben. Das ist, denke ich, letzten Endes das Geheimnis der Angst. Wenn wir vor der Angst nicht fliehen oder versuchen, sie auszumerzen, so entdecken wir uns neu. Wir entdecken uns als Wesenheiten der Liebe.
Bevor es aber zu dieser Entdeckung kommen kann, will ein unerlässlicher Zwischenschritt getan werden, und der Ort, an dem dieser Schritt zu vollziehen ist, ist die Phantasie. Die Angst lässt zwar die Phantasie zunächst auf Hochtouren laufen; aber je länger der Mensch unter ständiger Bedrohung lebt – ob physischer, emotionaler oder psychologischer Bedrohung – desto mehr macht die Phantasie dicht. Dieses Krampfen der Phantasie ist zugleich auch ein Sich-Verengen der Seele. – Unter solchen Umständen werden wir es niemals hinbekommen, uns in einen Zustand hineinzuversetzen, aus dem heraus wir lieben können. Wir müssen in der Seele und in unserer Phantasie eine große Menge an Arbeit leisten, wenn wir die Tiefen der Liebe finden wollen; erst recht, wenn wir lernen wollen, an anderen Menschen und an der Welt überhaupt Liebe zu praktizieren. Das liegt daran, dass Liebe eine Handlung der Seele ist, eine Erfahrung, durch die ein anderer Mensch oder ein geistiges Wesen oder Gott in uns lebt.
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Kapitel I: Eintritt in die Gefahren der Angst
Die Angst ist unser finsterer Geselle, der begleitet uns vom Moment des Erwachens bis in die Tiefen unserer nächtlichen Träume. Hier eine kleine Kostprobe der landläufigsten Arten von Furcht: der Verlust des Arbeitsplatzes; der Tod eines Kindes; das Altern; körperliche Gewalt zugefügt zu bekommen; krebskrank zu werden; das Zugrundegehen einer Beziehung; nicht gut genug zu sein; die eigene Familie nicht versorgen zu können. Die Liste ließe sich beliebig verlängern. Man könnte zunächst meinen, dass um von der Furcht frei zu sein man ein und für alle Male diesen finsteren Gesellen los werden müsse. So verbringen wir unsere Zeit damit, immer mehr und mehr nach Komfort zu streben. Durch Shopping, Entertainment, Urlaub suchen wir uns zu zerstreuen. Wir erwerben teure Autos, gehen häufig essen, verbringen zu viel Zeit vor dem Fernseher, ziehen in eine eingezäunte Siedlung, in der es „sicher“ ist. Wir lassen uns therapieren oder treten einer Selbsthilfe-Gruppe bei, nehmen Prozac, führen eine Schusswaffe mit uns, leben in Verdrängung und Isolation. Solche Maßnahmen stumpfen aber nur vorübergehend die Gegenwart von Angst ab und ermöglichen es ihr, unter der Oberfläche umso intensiver zu wirken, was wiederum das Bedürfnis nach mehr Komfort weiter steigert.
Da die Welt mit Situationen voll ist, die unvermeidbar Angst erzeugen, kann es kein Entkommen geben. So kann das Freiwerden von der Angst nicht bedeuten, dass wir sie einfach abschaffen. Das käme der Aussage gleich, dass man sich in einer Ehe nicht anders frei fühlen kann, als indem man die Ehe auflöst. Wohl können wir aber in uns innere Ressourcen ausbilden, die uns helfen, uns der Furcht zu stellen. Wie man sich dazu anschickt, macht den Fokus dieses Buches aus.
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Die Angst ist unser finsterer Geselle, der begleitet uns vom Moment des Erwachens bis in die Tiefen unserer nächtlichen Träume. Hier eine kleine Kostprobe der landläufigsten Arten von Furcht: der Verlust des Arbeitsplatzes; der Tod eines Kindes; das Altern; körperliche Gewalt zugefügt zu bekommen; krebskrank zu werden; das Zugrundegehen einer Beziehung; nicht gut genug zu sein; die eigene Familie nicht versorgen zu können. Die Liste ließe sich beliebig verlängern. Man könnte zunächst meinen, dass um von der Furcht frei zu sein man ein und für alle Male diesen finsteren Gesellen los werden müsse. So verbringen wir unsere Zeit damit, immer mehr und mehr nach Komfort zu streben. Durch Shopping, Entertainment, Urlaub suchen wir uns zu zerstreuen. Wir erwerben teure Autos, gehen häufig essen, verbringen zu viel Zeit vor dem Fernseher, ziehen in eine eingezäunte Siedlung, in der es „sicher“ ist. Wir lassen uns therapieren oder treten einer Selbsthilfe-Gruppe bei, nehmen Prozac, führen eine Schusswaffe mit uns, leben in Verdrängung und Isolation. Solche Maßnahmen stumpfen aber nur vorübergehend die Gegenwart von Angst ab und ermöglichen es ihr, unter der Oberfläche umso intensiver zu wirken, was wiederum das Bedürfnis nach mehr Komfort weiter steigert.
Da die Welt mit Situationen voll ist, die unvermeidbar Angst erzeugen, kann es kein Entkommen geben. So kann das Freiwerden von der Angst nicht bedeuten, dass wir sie einfach abschaffen. Das käme der Aussage gleich, dass man sich in einer Ehe nicht anders frei fühlen kann, als indem man die Ehe auflöst. Wohl können wir aber in uns innere Ressourcen ausbilden, die uns helfen, uns der Furcht zu stellen. Wie man sich dazu anschickt, macht den Fokus dieses Buches aus.
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Kapitel II: Der Leib im Zustand der Furcht
Furcht und Angst versetzen den Körper in ein schreckliches Unwohlsein. Ja unter der ständigen Anwesenheit der Furcht könnten wir vermutlich rein physisch nicht weiterleben. Jeder Mensch, der längere Zeit in einer von Furcht geprägten Situation lebt, beginnt abzustumpfen, aber auch in abgestumpftem Zustand ist der Körper dem Einfluss der Furcht ausgesetzt. Um die Seele gegen solche Auswirkungen zu stärken müssen nicht nur die unmittelbaren physiologischen Begleiterscheinungen der Furcht untersucht werden, sondern auch die Veränderungen, die sie in denjenigen Sinnen bewirkt, die am stärksten die Empfindung des körperlichen Seins vermitteln. Um so die Seele zu stärken, müssen ferner Wege gefunden werden, auch dann die Fülle des körperlichen Lebens zu erhalten, wenn uns die Furcht zusetzt. Der Erhalt dieser Fülle sichert die Fortdauer des strahlenden Lebens der Seele.
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Furcht und Angst versetzen den Körper in ein schreckliches Unwohlsein. Ja unter der ständigen Anwesenheit der Furcht könnten wir vermutlich rein physisch nicht weiterleben. Jeder Mensch, der längere Zeit in einer von Furcht geprägten Situation lebt, beginnt abzustumpfen, aber auch in abgestumpftem Zustand ist der Körper dem Einfluss der Furcht ausgesetzt. Um die Seele gegen solche Auswirkungen zu stärken müssen nicht nur die unmittelbaren physiologischen Begleiterscheinungen der Furcht untersucht werden, sondern auch die Veränderungen, die sie in denjenigen Sinnen bewirkt, die am stärksten die Empfindung des körperlichen Seins vermitteln. Um so die Seele zu stärken, müssen ferner Wege gefunden werden, auch dann die Fülle des körperlichen Lebens zu erhalten, wenn uns die Furcht zusetzt. Der Erhalt dieser Fülle sichert die Fortdauer des strahlenden Lebens der Seele.
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Kapitel III: Terrorismus, Zeitkollaps und Wut: Neue Erscheinungsformen der Angst
Damit die Seele erhalten werden kann, ist Lebendigkeit der Sinne unerlässlich. Solche Lebendigkeit verleiht dem Vorstellungsleben die Fähigkeit, in die Welt hineinzustrahlen. Wird aber einmal die Empfindsamkeit des Leibes erweckt, so werden wir ebenfalls empfindsamer für die unterschiedlichen Muster, in denen die Furcht manifestiert. Mit diesen verschiedenen Erscheinungsformen der Furcht müssen wir es dann aufnehmen. Solche Muster erschaffen wir nicht selbst, sondern wir sind mit dem verbunden, was die Tiefenpsychologie als die Regionen der Urbilder bezeichnen würde (die wir allerdings erst durch besagte gesteigerte Empfindsamkeit entdecken). Mit diesen Regionen wiederum muss in je unterschiedlicher Weise gearbeitet werden. Um diesen verschiedenen Mustern zu begegnen und in gesunder Weise auf sie einzugehen, müssen wir uns eine klare Vorstellung der vielen einzelnen Regionen der Furcht bilden.
Bevor man nicht eine gründliche Vorstellung von etwas gebildet hat, kann man sich daran nicht beteiligen. Wenn wir so an die Angst herangehen, dass wir ausschließlich durch äußere Maßnahmen sie aufzuhalten versuchen, bringen wir das falsche Werkzeug in Anschlag. Die wirkliche Macht der Angst wohnt unserem Wunsch inne, sie zu vermeiden; das Ergebnis einer solchen Verdrängung ist, dass die Angst sich unser erst dann gänzlich bemächtigt.
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Damit die Seele erhalten werden kann, ist Lebendigkeit der Sinne unerlässlich. Solche Lebendigkeit verleiht dem Vorstellungsleben die Fähigkeit, in die Welt hineinzustrahlen. Wird aber einmal die Empfindsamkeit des Leibes erweckt, so werden wir ebenfalls empfindsamer für die unterschiedlichen Muster, in denen die Furcht manifestiert. Mit diesen verschiedenen Erscheinungsformen der Furcht müssen wir es dann aufnehmen. Solche Muster erschaffen wir nicht selbst, sondern wir sind mit dem verbunden, was die Tiefenpsychologie als die Regionen der Urbilder bezeichnen würde (die wir allerdings erst durch besagte gesteigerte Empfindsamkeit entdecken). Mit diesen Regionen wiederum muss in je unterschiedlicher Weise gearbeitet werden. Um diesen verschiedenen Mustern zu begegnen und in gesunder Weise auf sie einzugehen, müssen wir uns eine klare Vorstellung der vielen einzelnen Regionen der Furcht bilden.
Bevor man nicht eine gründliche Vorstellung von etwas gebildet hat, kann man sich daran nicht beteiligen. Wenn wir so an die Angst herangehen, dass wir ausschließlich durch äußere Maßnahmen sie aufzuhalten versuchen, bringen wir das falsche Werkzeug in Anschlag. Die wirkliche Macht der Angst wohnt unserem Wunsch inne, sie zu vermeiden; das Ergebnis einer solchen Verdrängung ist, dass die Angst sich unser erst dann gänzlich bemächtigt.
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Kapitel IV. Immerwährende Ängste mit neuem Stachel: Geld, Beziehungen, Leiden und Tod
Wenn uns Angst eingejagt wird, so besteht ein Großteil dieser Furcht in der Erwartung irgendeines uns unbekannten Ereignisses. Diese Erwartungshaltung stammt nicht vom Denken daran, dass uns etwas unmittelbar bevorsteht; in einer von akuter Furcht getriebenen Verfassung sind wir unter Umständen zu klarem Denken nicht einmal in der Lage. Die Erwartungshaltung erleben wir vielmehr direkt im Körper. Befinden wir uns mitten in einer erschreckenden Begebenheit, so ist es die körperliche Vorwegnahme dessen, was als Nächstes eintreten mag, was den Schrecken aufrechterhält. Die körperliche Empfindung des Terrors lässt außer der gesteigerten Intensität der Panik keine weiteren Vorstellungen von dem zu, was geschehen könnte.
Furcht und Angst verengen das Seelenleben, indem sie die Aussicht auf eine offene Zukunft verdrängen. Das Anliegen der bisher beschriebenen Vorstellungsübungen ist die Wiederherstellung der Fähigkeit, für sich eine Zukunft innerlich auszumalen. Die Hauptcharakteristik dieser Übungen ist ihre bewusste bildschaffende Tätigkeit. Das bewusste Erzeugen solcher Bilder wirkt ausgleichend auf die Ängste aus, von denen sämtliche Sektoren des Lebens befallen sind.
Dieser Weg des Erschaffens einer Offenheit für die Zukunft unterscheidet sich erheblich von Praktiken, die dem sich-Abwenden von Problemen dienen, die die Welt als wunderschön vorstellen und die die Güte des Universums bejahen. Dieser Weg möchte vielmehr zum klaren Verstehen des Wesens unserer Ängste anregen, und er möchte, dass wir das Schaffen von Bildern üben. Und zwar üben wir gerade nicht so, als gäbe es solche Furcht nicht. Diese Übungen im Bilderschaffen stellen sicher, dass unser Innenleben nicht von unseren Befürchtungen ausgeschaltet wird; sie verlangen und fördern zugleich eine aktive, bewusste Anstrengung.
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Wenn uns Angst eingejagt wird, so besteht ein Großteil dieser Furcht in der Erwartung irgendeines uns unbekannten Ereignisses. Diese Erwartungshaltung stammt nicht vom Denken daran, dass uns etwas unmittelbar bevorsteht; in einer von akuter Furcht getriebenen Verfassung sind wir unter Umständen zu klarem Denken nicht einmal in der Lage. Die Erwartungshaltung erleben wir vielmehr direkt im Körper. Befinden wir uns mitten in einer erschreckenden Begebenheit, so ist es die körperliche Vorwegnahme dessen, was als Nächstes eintreten mag, was den Schrecken aufrechterhält. Die körperliche Empfindung des Terrors lässt außer der gesteigerten Intensität der Panik keine weiteren Vorstellungen von dem zu, was geschehen könnte.
Furcht und Angst verengen das Seelenleben, indem sie die Aussicht auf eine offene Zukunft verdrängen. Das Anliegen der bisher beschriebenen Vorstellungsübungen ist die Wiederherstellung der Fähigkeit, für sich eine Zukunft innerlich auszumalen. Die Hauptcharakteristik dieser Übungen ist ihre bewusste bildschaffende Tätigkeit. Das bewusste Erzeugen solcher Bilder wirkt ausgleichend auf die Ängste aus, von denen sämtliche Sektoren des Lebens befallen sind.
Dieser Weg des Erschaffens einer Offenheit für die Zukunft unterscheidet sich erheblich von Praktiken, die dem sich-Abwenden von Problemen dienen, die die Welt als wunderschön vorstellen und die die Güte des Universums bejahen. Dieser Weg möchte vielmehr zum klaren Verstehen des Wesens unserer Ängste anregen, und er möchte, dass wir das Schaffen von Bildern üben. Und zwar üben wir gerade nicht so, als gäbe es solche Furcht nicht. Diese Übungen im Bilderschaffen stellen sicher, dass unser Innenleben nicht von unseren Befürchtungen ausgeschaltet wird; sie verlangen und fördern zugleich eine aktive, bewusste Anstrengung.
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Kapitel V. Die Ökologie der Angst
Bis vor kurzer Zeit gab es eine Schwelle zwischen der Welt, wie wir sie alltäglich erleben und den Welten der Angst. Ich selbst gebe den 6. August 1945 um 08.15 Uhr als das Datum der Wende an: den Augenblick der Detonation der Atombombe über Hiroshima. Seit diesem Moment existiert keine Schwelle mehr, es ist, wie wenn der Wolkenpilz sich über die ganze Erde hin ausgebreitet und sich für immer dort eingelebt hätte. Die Bombe hat eine radikale Trennung zwischen uns und der Welt bewiesen: Sie hat unsere Absage an die Welt als heiligen Ort verkündet. Angst hatte es allerdings schon vor dieser Zeit gegeben. Aber aufgrund der Gesetzgebung und der religiösen Sensibilität von damals, auch der damaligen Möglichkeiten der psychiatrischen Therapie sowie des politischen Verhandelns, nicht zuletzt wegen der schieren Verdrängung schienen diese Ängste kontrollierbar zu sein. Zwar hatte das Auftreten eines Hitlers diese Lage maßgeblich mit vorbereitet, aber nie zuvor war die Furcht derart gefördert worden, so deutlich ins volle Licht zu treten, wie beim Abwurf der ersten Atombombe. Es geht nicht darum, ob in der heutigen Welt mehr Schrecken besteht als früher; wahrscheinlich ist das nicht der Fall. Aber noch nie zuvor hat sie so abgetrennt von einem Verständnis des Kosmos als Heiligtum existiert.
Die Gegenwart der Angst ist viel größer und umfangreicher als bisher angenommen. Schon die therapeutisch ausgerichtete Psychologie des neunzehnten Jahrhunderts suchte Symptome zu identifizieren, die diesem Phänomen verwandt sind. Einige der Arten der Angst, die da erkannt wurden, sind
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Bis vor kurzer Zeit gab es eine Schwelle zwischen der Welt, wie wir sie alltäglich erleben und den Welten der Angst. Ich selbst gebe den 6. August 1945 um 08.15 Uhr als das Datum der Wende an: den Augenblick der Detonation der Atombombe über Hiroshima. Seit diesem Moment existiert keine Schwelle mehr, es ist, wie wenn der Wolkenpilz sich über die ganze Erde hin ausgebreitet und sich für immer dort eingelebt hätte. Die Bombe hat eine radikale Trennung zwischen uns und der Welt bewiesen: Sie hat unsere Absage an die Welt als heiligen Ort verkündet. Angst hatte es allerdings schon vor dieser Zeit gegeben. Aber aufgrund der Gesetzgebung und der religiösen Sensibilität von damals, auch der damaligen Möglichkeiten der psychiatrischen Therapie sowie des politischen Verhandelns, nicht zuletzt wegen der schieren Verdrängung schienen diese Ängste kontrollierbar zu sein. Zwar hatte das Auftreten eines Hitlers diese Lage maßgeblich mit vorbereitet, aber nie zuvor war die Furcht derart gefördert worden, so deutlich ins volle Licht zu treten, wie beim Abwurf der ersten Atombombe. Es geht nicht darum, ob in der heutigen Welt mehr Schrecken besteht als früher; wahrscheinlich ist das nicht der Fall. Aber noch nie zuvor hat sie so abgetrennt von einem Verständnis des Kosmos als Heiligtum existiert.
Die Gegenwart der Angst ist viel größer und umfangreicher als bisher angenommen. Schon die therapeutisch ausgerichtete Psychologie des neunzehnten Jahrhunderts suchte Symptome zu identifizieren, die diesem Phänomen verwandt sind. Einige der Arten der Angst, die da erkannt wurden, sind
- die Hysterie, hinter der immer irgendein (ob echtes oder nur eingebildetes) Trauma steckt;
- die Kriegsneurose, welche heute als posttraumatische Stressbelastung bekannt ist und erstmalig nach dem ersten Weltkrieg erforscht wurde;
- Angst vor Missbrauch und häuslicher Gewalt;
- Angst vor Naturkatastrophen wie etwa Erdbeben, Hurrikanen, Tornados oder Bränden;
- individuelle Phobien wie etwa Panikattacken, Ängste und Zwangsstörungen.
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Kapitel VI. Der Doppelgänger
Wie kommt es, dass wir die Furcht nicht weit mächtiger und weit kontinuierlicher erleben, als es ohnehin schon der Fall ist? Haben wir uns so sehr an sie gewöhnt, dass sie uns nicht eigentlich stört, außer wenn sie mit einer Intensität auftritt, die wir nicht ignorieren können? Sind wir wirklich derart betäubt? Die Betäubung hinsichtlich unserer Ängste stammt nicht davon her, dass wir sie unterdrücken, sondern von etwas weit Ernsthafterem: Wir befinden uns in einer existentiellen Situation, in der wir zu jeder Zeit zu ihren Komplizen werden können, und zwar ohne, dass wir es überhaupt bemerken. Wann immer eine solche Komplizenschaft – unwissend – eingegangen wird, wird die Wesenheit eines Menschen durch etwas ausgewechselt, was zwar ein menschliches Aussehen und eine menschliche Handlungsweise besitzt, was aber kein Mensch ist.
Wir sind nicht immer wir selbst. Das ist eine wohlbekannte Tatsache, und das Studium und die Behandlung von Menschen, die es schwer haben, sie selbst zu sein, ist ein Feld der therapeutischen Psychologie.
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Wie kommt es, dass wir die Furcht nicht weit mächtiger und weit kontinuierlicher erleben, als es ohnehin schon der Fall ist? Haben wir uns so sehr an sie gewöhnt, dass sie uns nicht eigentlich stört, außer wenn sie mit einer Intensität auftritt, die wir nicht ignorieren können? Sind wir wirklich derart betäubt? Die Betäubung hinsichtlich unserer Ängste stammt nicht davon her, dass wir sie unterdrücken, sondern von etwas weit Ernsthafterem: Wir befinden uns in einer existentiellen Situation, in der wir zu jeder Zeit zu ihren Komplizen werden können, und zwar ohne, dass wir es überhaupt bemerken. Wann immer eine solche Komplizenschaft – unwissend – eingegangen wird, wird die Wesenheit eines Menschen durch etwas ausgewechselt, was zwar ein menschliches Aussehen und eine menschliche Handlungsweise besitzt, was aber kein Mensch ist.
Wir sind nicht immer wir selbst. Das ist eine wohlbekannte Tatsache, und das Studium und die Behandlung von Menschen, die es schwer haben, sie selbst zu sein, ist ein Feld der therapeutischen Psychologie.
- Freud stellte im Menschen psychische Abwehrmechanismen fest, die als Verteidigung gegen innere Aspekte eines Menschen dienen sollen, die diesem als inakzeptabel gelten. Freuds Theorie gemäß bildet der Mensch dann eine Art Alter Ego, wenn das, was unter der Bewusstseinsoberfläche liegt, nicht geduldet werden darf.
- C. G. Jung behauptete, dass wir von der Fülle unseres Selbst abgespalten werden, wenn wir von der inneren, spontanen, bildschaffenden Tätigkeit der Seele getrennt werden. Laut Jung bleiben die uns widerwärtigen Aspekte von uns selbst in uns vergraben und bilden eine andere Seite unserer Persönlichkeit: den Schatten.
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Freeing the Soul from Fear. Bei jedem Online-Buchhandel zu erwerben.
Kapitel VII. Liebe vertreibt die Angst
Wir haben uns Wege zum Umwandeln des eigenen Vorstellungslebens und zum Arbeiten an der eigenen Phantasiefähigkeit angeschaut. Indem wir diese Wege gehen, lernen wir Kräfte kennen, die unsere Seele braucht, um überhaupt Lebensfähig zu sein, und durch die wir Angst ausgleichen können.
Eine weitere Kraft, die wir brauchen, um der Angst zu entgegnen, ist die Liebe. Phantasie und Liebe gehören zusammen. Ohne Liebe wird die Phantasie leicht zum mentalen Trick. Alle die in diesem Buch angegebenen Übungen erfordern ein Zentrieren der Phantasie nicht nur im Kopf, sondern hauptsächlich in der Herzgegend. Dieses Zentrieren stellt sicher, dass die Seele sich in Tandem mit der Liebe entwickelt. Ohne Phantasie wird die Liebe aber leicht zur verwirrten Sentimentalität.
Liebe und Angst bilden die großen Gegensätze der Welt. Die Macht der Liebe vermag es sogar, die Erde in die Substanz der Liebe zu verwandeln. Die gesamte Erd- und Menschheitsevolution deutet darauf hin, dass sie durch die ungeheure Macht der Liebe erst in Erfüllung geht; ist die Liebe doch die einzige Macht, die das verheerende Wüten der Angst bändigen kann. Alle geistigen Traditionen schwingen – bei aller sonstigen Mannigfaltigkeit der Unterschiede – in diesem einen Thema zusammen. Die Verwandlung der Erde in einen Planeten der Liebe wird nicht von alleine geschehen. Diese Aufgabe liegt in den Händen der Menschen, denn die Werkzeuge, durch die die Liebe hindurchpulst, sind wir.[1]
Um zu überleben, verlässt sich die Angst auf unseren Widerwillen, unsere Gefühle auf den Prüfstand zu stellen. Statt unsere Gefühle zu überprüfen, bevorzugen wir oft die vage Sentimentalität, die Effekthascherei oder die Aura des Geheimnisvollen, von denen sie begleitet werden.Wir stellen uns vor, dass wenn wir unsere Gefühle zu genau unter die Lupe nehmen, die Spannung, das Drama aus unserem Leben womöglich verschwinden könnte.
Aber genauso denkbar ist es, das Mysterium des Gefühlslebens zu betreten und von seinen Subtilitäten, von seinen Nuancen, von seinem Reichtum mehr zu entdecken. Das wäre keine Verminderung des Seelenlebens, sondern eine Zunahme desselben. Die Überwindung unseres Widerwillens, die Liebe zu prüfen, ist ein unerlässlicher Schritt zur Eroberung der Angst.
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[1] Rudolf Steiner, Die Liebe und ihre Bedeutung in der Welt. Vortrag in Zürich am 17. Dezember 1918.
Wir haben uns Wege zum Umwandeln des eigenen Vorstellungslebens und zum Arbeiten an der eigenen Phantasiefähigkeit angeschaut. Indem wir diese Wege gehen, lernen wir Kräfte kennen, die unsere Seele braucht, um überhaupt Lebensfähig zu sein, und durch die wir Angst ausgleichen können.
Eine weitere Kraft, die wir brauchen, um der Angst zu entgegnen, ist die Liebe. Phantasie und Liebe gehören zusammen. Ohne Liebe wird die Phantasie leicht zum mentalen Trick. Alle die in diesem Buch angegebenen Übungen erfordern ein Zentrieren der Phantasie nicht nur im Kopf, sondern hauptsächlich in der Herzgegend. Dieses Zentrieren stellt sicher, dass die Seele sich in Tandem mit der Liebe entwickelt. Ohne Phantasie wird die Liebe aber leicht zur verwirrten Sentimentalität.
Liebe und Angst bilden die großen Gegensätze der Welt. Die Macht der Liebe vermag es sogar, die Erde in die Substanz der Liebe zu verwandeln. Die gesamte Erd- und Menschheitsevolution deutet darauf hin, dass sie durch die ungeheure Macht der Liebe erst in Erfüllung geht; ist die Liebe doch die einzige Macht, die das verheerende Wüten der Angst bändigen kann. Alle geistigen Traditionen schwingen – bei aller sonstigen Mannigfaltigkeit der Unterschiede – in diesem einen Thema zusammen. Die Verwandlung der Erde in einen Planeten der Liebe wird nicht von alleine geschehen. Diese Aufgabe liegt in den Händen der Menschen, denn die Werkzeuge, durch die die Liebe hindurchpulst, sind wir.[1]
Um zu überleben, verlässt sich die Angst auf unseren Widerwillen, unsere Gefühle auf den Prüfstand zu stellen. Statt unsere Gefühle zu überprüfen, bevorzugen wir oft die vage Sentimentalität, die Effekthascherei oder die Aura des Geheimnisvollen, von denen sie begleitet werden.Wir stellen uns vor, dass wenn wir unsere Gefühle zu genau unter die Lupe nehmen, die Spannung, das Drama aus unserem Leben womöglich verschwinden könnte.
Aber genauso denkbar ist es, das Mysterium des Gefühlslebens zu betreten und von seinen Subtilitäten, von seinen Nuancen, von seinem Reichtum mehr zu entdecken. Das wäre keine Verminderung des Seelenlebens, sondern eine Zunahme desselben. Die Überwindung unseres Widerwillens, die Liebe zu prüfen, ist ein unerlässlicher Schritt zur Eroberung der Angst.
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[1] Rudolf Steiner, Die Liebe und ihre Bedeutung in der Welt. Vortrag in Zürich am 17. Dezember 1918.
Kapitel VIII. Künstlerisch Leben
Wir haben gezeigt, wie das alles den Weg zu der Liebe öffnet: die Stärkung unserer Seelenkompetenzen; das Bewusstwerden der Furcht als Weltmacht; ein von der Herzgegend her geführtes Leben; die Beschützung unseres Bewusstseins vor den Attacken der Verdoppelung; die Pflege einer bildhaften Erkenntnisweise. Die Frage muss man aber auch stellen: Woran erkenne ich, dass solche Maßnahmen fruchtbar werden? Fruchtbar werden sie, wann immer ich meine Vorstellung, meine Phantasie ein wenig verschiebe. Diese Verschiebung beginnt dann, wenn unsere Begegnungen mit der Furcht beziehungsweise mit der Angst aufhören uns zu belasten und zu einem Weg werden, die Welt zu heiligen. Die Angst, die Furcht entweiht, profaniert, verflucht die Welt und sucht letztendlich, sie zu zerstören. Sich in bewusster Weise der Furcht und der Angst zu nähern regt uns dazu an, durch unsere Phantasie und unsere Vorstellungskraft etwas Schönes zu erschaffen. Daher sollten wir die Furcht bzw. die Angst nicht zu zerstören, sondern sie zu neutralisieren suchen.
Zwar kann die Liebe eine neue Welt schaffen und die Macht der Angst und der Furcht so gut wie aufheben; aber das kann sie nur indirekt tun: nämlich über die Schönheit, welche durch die Liebe inspiriert wird. Die Schönheit – hier wollen wir sie definieren als die Tat, künstlerisch zu leben – ist die in der Welt sichtbar gemachte Liebe. Wir können die Fähigkeit erwerben, sowohl durch unser Verhalten als auch durch unsere Gesinnung die Macht der Seele und die Macht des Geistes zur Offenbarung zu bringen. Ein Leben, das diese Offenbarung nicht nur in der Welt, sondern auch um der Welt willen bewirkt, ist ein künstlerisch geführtes Leben.
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Wir haben gezeigt, wie das alles den Weg zu der Liebe öffnet: die Stärkung unserer Seelenkompetenzen; das Bewusstwerden der Furcht als Weltmacht; ein von der Herzgegend her geführtes Leben; die Beschützung unseres Bewusstseins vor den Attacken der Verdoppelung; die Pflege einer bildhaften Erkenntnisweise. Die Frage muss man aber auch stellen: Woran erkenne ich, dass solche Maßnahmen fruchtbar werden? Fruchtbar werden sie, wann immer ich meine Vorstellung, meine Phantasie ein wenig verschiebe. Diese Verschiebung beginnt dann, wenn unsere Begegnungen mit der Furcht beziehungsweise mit der Angst aufhören uns zu belasten und zu einem Weg werden, die Welt zu heiligen. Die Angst, die Furcht entweiht, profaniert, verflucht die Welt und sucht letztendlich, sie zu zerstören. Sich in bewusster Weise der Furcht und der Angst zu nähern regt uns dazu an, durch unsere Phantasie und unsere Vorstellungskraft etwas Schönes zu erschaffen. Daher sollten wir die Furcht bzw. die Angst nicht zu zerstören, sondern sie zu neutralisieren suchen.
Zwar kann die Liebe eine neue Welt schaffen und die Macht der Angst und der Furcht so gut wie aufheben; aber das kann sie nur indirekt tun: nämlich über die Schönheit, welche durch die Liebe inspiriert wird. Die Schönheit – hier wollen wir sie definieren als die Tat, künstlerisch zu leben – ist die in der Welt sichtbar gemachte Liebe. Wir können die Fähigkeit erwerben, sowohl durch unser Verhalten als auch durch unsere Gesinnung die Macht der Seele und die Macht des Geistes zur Offenbarung zu bringen. Ein Leben, das diese Offenbarung nicht nur in der Welt, sondern auch um der Welt willen bewirkt, ist ein künstlerisch geführtes Leben.
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Kapitel IX. Angst und Bewusstsein
Auf den Schwingen der Phantasie zur Liebe zu finden; diese Liebe dann durch Schönheit in die Welt hereinzubringen: das scheint adäquat zu beschreiben, wie wir dem alles durchdringenden Einfluss der Furcht entgegnen können. Wer aber hier schon haltmachen wollte, der würde die Vermittlung einer bloß ästhetischen Auffassung der Notwendigkeit eines Dauerkampfes gegen das ständig wachsende Gespenst der Furcht riskieren. Eine imaginative Auffassung dieser Notwendigkeit aber ist es, was Not tut. Kein Ort sollte ungeprüft bleiben, wo die Angst ein Standbein bekommen könnte. Und ein solcher noch ungeprüfter Ort – ein unbetretener Raum, sozusagen –, an dem die Angst und die Furcht wüten, das ist das eigene Bewusstsein. Wenn es zutrifft, dass dieser Raum der ist, der am schwersten zu betreten ist, so liegt das nicht etwa daran, dass die Angst, die wir dort finden, am verderblichsten wäre; es liegt vielmehr daran, dass wir das Bewusstsein selbst verwenden müssen, um der dort befindlichen Angst beizukommen. Und wenn alle Menschen ohne Ausnahme schon ab dem frühsten Alter nachteiligen Einflüssen ausgesetzt, so ist das nicht nur deshalb, weil uns dort unsere persönlichen Ängste begegnen, sondern auch deshalb, weil wir zusätzlich in einer Welt leben, die von Furcht und Angst völlig durchsetzt ist. So schleicht sich die Angst in die Struktur selbst des Denkens, der Erinnerung und des Wahrnehmens ein und gibt den Zusammenhang unseres Bewusstseins ab.
Worin besteht das wachbewusste Leben? Das ist keine leichte Frage. Zu Beginn möchte ich den Unterschied zwischen Bewusstsein und Aufmerksamkeit aufzeigen. Im Wachleben empfinden wir sowohl unseren Leib als auch die uns umgebende Welt. Auch spüren unsere inneren Zustände, unsere Gefühle und Emotionen. Aber bloß weil wir diese Dinge empfinden, heißt es noch nicht, dass wir uns ihrer bewusst sind. Um uns unserer Aufmerksamkeit vollkommen bewusst zu werden, ist ein kognitives Element – das, was Georg Kühlewind das reine Denken nennt – unentbehrlich. Das bewusste Leben funktioniert dann normal, wenn wir uns gleichzeitig auf uns selbst und auf unsere Umwelt besinnen, ohne dass die Waage in die eine oder die andere Richtung zu sehr den Ausschlag gibt. Wenn wir zu selbstbewusst werden, rutscht das Bewusstsein ins Selbstsüchtige und Egoistische; hingegen wenn wir ausschließlich nach außen blicken, werden wir für unsere eigene Teilnahme am bewussten Leben blind.
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Auf den Schwingen der Phantasie zur Liebe zu finden; diese Liebe dann durch Schönheit in die Welt hereinzubringen: das scheint adäquat zu beschreiben, wie wir dem alles durchdringenden Einfluss der Furcht entgegnen können. Wer aber hier schon haltmachen wollte, der würde die Vermittlung einer bloß ästhetischen Auffassung der Notwendigkeit eines Dauerkampfes gegen das ständig wachsende Gespenst der Furcht riskieren. Eine imaginative Auffassung dieser Notwendigkeit aber ist es, was Not tut. Kein Ort sollte ungeprüft bleiben, wo die Angst ein Standbein bekommen könnte. Und ein solcher noch ungeprüfter Ort – ein unbetretener Raum, sozusagen –, an dem die Angst und die Furcht wüten, das ist das eigene Bewusstsein. Wenn es zutrifft, dass dieser Raum der ist, der am schwersten zu betreten ist, so liegt das nicht etwa daran, dass die Angst, die wir dort finden, am verderblichsten wäre; es liegt vielmehr daran, dass wir das Bewusstsein selbst verwenden müssen, um der dort befindlichen Angst beizukommen. Und wenn alle Menschen ohne Ausnahme schon ab dem frühsten Alter nachteiligen Einflüssen ausgesetzt, so ist das nicht nur deshalb, weil uns dort unsere persönlichen Ängste begegnen, sondern auch deshalb, weil wir zusätzlich in einer Welt leben, die von Furcht und Angst völlig durchsetzt ist. So schleicht sich die Angst in die Struktur selbst des Denkens, der Erinnerung und des Wahrnehmens ein und gibt den Zusammenhang unseres Bewusstseins ab.
Worin besteht das wachbewusste Leben? Das ist keine leichte Frage. Zu Beginn möchte ich den Unterschied zwischen Bewusstsein und Aufmerksamkeit aufzeigen. Im Wachleben empfinden wir sowohl unseren Leib als auch die uns umgebende Welt. Auch spüren unsere inneren Zustände, unsere Gefühle und Emotionen. Aber bloß weil wir diese Dinge empfinden, heißt es noch nicht, dass wir uns ihrer bewusst sind. Um uns unserer Aufmerksamkeit vollkommen bewusst zu werden, ist ein kognitives Element – das, was Georg Kühlewind das reine Denken nennt – unentbehrlich. Das bewusste Leben funktioniert dann normal, wenn wir uns gleichzeitig auf uns selbst und auf unsere Umwelt besinnen, ohne dass die Waage in die eine oder die andere Richtung zu sehr den Ausschlag gibt. Wenn wir zu selbstbewusst werden, rutscht das Bewusstsein ins Selbstsüchtige und Egoistische; hingegen wenn wir ausschließlich nach außen blicken, werden wir für unsere eigene Teilnahme am bewussten Leben blind.
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