Leseprobe aus dem VIII. Kapitel der "Befreiung der Seele von der Angst", in der es um den Belang der literarischen Prosa für ein künstlerisches Leben geht:
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In einem Werk der literarischen Fiktion betreten wir eine Welt, in der alle Sinne miteinander auf die Ebene der Imagination erhoben werden. Außerdem geschehen in der imaginären Sinneswelt der Prosafiktion interessante Dinge mit der Zeitlichkeit. Eine Erzählung hat eine zeitliche Abfolge – einen Anfang, eine Mitte und ein Ende – die allerdings nicht immer geradeheraus verläuft. Es kann vorkommen, dass die Geschichte am Ende beginnt; es können Rückblenden vorkommen, die Zeit wird durcheinandergemischt. Die Zeit wird zu einer imaginären Wirklichkeit, welche dennoch als reell empfunden wird. Ein historischer Roman kann Jahrhunderte umspannen, und es ist dem Leser dabei so, als hätte er diese Jahrhunderte durchlebt.
Prosafiktion hat auch eine Handlung. Die Darstellung der Ereignisse in deren erfundenem Raum, in deren vorgetäuschter Zeit führt uns die Seelenschicksale der beteiligten Figuren vor Augen. Wir sehen wie von den geheimnisvollen Mächten des Schicksals die Handlungsmotive und Absichten der Figuren gelenkt werden; wir nehmen wahr, wo die Freiheit möglich ist und wo nicht. Wir sehen, wie die Seele handelt, und besinnen uns nicht bloß auf deren Definition. Alle Literatur fällt unter vier große seelische Gattungen – Epik, Tragik, Komik und Lyrik. Diese seelischen Muster kommen in allen möglichen Formen vor, sind aber stets Variationen dieser vier Welten der Seele. In der Epik wird uns die heroische Bewegung der Seele gezeigt; in der Tragödie wird uns der gefallene Charakter der Menschen gezeigt; in der Komödie wird die Welt erlöst; in der Lyrik dürfen wir eine Vorstellung des Paradieses mitvollziehen.
Die Prosafiktion als zu lesende Kunstform geht über die bloße Unterhaltung weit hinaus. Sie lehrt uns, vielleicht in umfangreicherer Weise als bei jeder anderen Kunstform, wie man lebt. Große literarische Prosa belehrt uns zwar nicht im didaktischen Sinne. Aber es ist schon eine Lernerfahrung an sich, lesend in eine Imagination des Lebens hineingetragen zu werden: Durch sie bildet sich unsere Seele zu einem Organ, das den Prüfungen der Welt gewachsen ist. [...]
zum Weiterlesen: http://robertsardelloingerman.weebly.com/zuletzt-uumlbersetzt
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In einem Werk der literarischen Fiktion betreten wir eine Welt, in der alle Sinne miteinander auf die Ebene der Imagination erhoben werden. Außerdem geschehen in der imaginären Sinneswelt der Prosafiktion interessante Dinge mit der Zeitlichkeit. Eine Erzählung hat eine zeitliche Abfolge – einen Anfang, eine Mitte und ein Ende – die allerdings nicht immer geradeheraus verläuft. Es kann vorkommen, dass die Geschichte am Ende beginnt; es können Rückblenden vorkommen, die Zeit wird durcheinandergemischt. Die Zeit wird zu einer imaginären Wirklichkeit, welche dennoch als reell empfunden wird. Ein historischer Roman kann Jahrhunderte umspannen, und es ist dem Leser dabei so, als hätte er diese Jahrhunderte durchlebt.
Prosafiktion hat auch eine Handlung. Die Darstellung der Ereignisse in deren erfundenem Raum, in deren vorgetäuschter Zeit führt uns die Seelenschicksale der beteiligten Figuren vor Augen. Wir sehen wie von den geheimnisvollen Mächten des Schicksals die Handlungsmotive und Absichten der Figuren gelenkt werden; wir nehmen wahr, wo die Freiheit möglich ist und wo nicht. Wir sehen, wie die Seele handelt, und besinnen uns nicht bloß auf deren Definition. Alle Literatur fällt unter vier große seelische Gattungen – Epik, Tragik, Komik und Lyrik. Diese seelischen Muster kommen in allen möglichen Formen vor, sind aber stets Variationen dieser vier Welten der Seele. In der Epik wird uns die heroische Bewegung der Seele gezeigt; in der Tragödie wird uns der gefallene Charakter der Menschen gezeigt; in der Komödie wird die Welt erlöst; in der Lyrik dürfen wir eine Vorstellung des Paradieses mitvollziehen.
Die Prosafiktion als zu lesende Kunstform geht über die bloße Unterhaltung weit hinaus. Sie lehrt uns, vielleicht in umfangreicherer Weise als bei jeder anderen Kunstform, wie man lebt. Große literarische Prosa belehrt uns zwar nicht im didaktischen Sinne. Aber es ist schon eine Lernerfahrung an sich, lesend in eine Imagination des Lebens hineingetragen zu werden: Durch sie bildet sich unsere Seele zu einem Organ, das den Prüfungen der Welt gewachsen ist. [...]
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