Ruhe. Ganzheit als Mysterium
Robert Sardello, Cheryl Sanders-Sardello
Kapitel IX. Ruhe, Gebet, Meditation
Robert Sardello, Cheryl Sanders-Sardello
Kapitel IX. Ruhe, Gebet, Meditation
Poetischer Auftakt
In einem Raum der absoluten Stille. Der absoluten Dunkelheit. Der absoluten Leere. Wo die Zeit stille steht. In der selbst der Atem aufhört. Nichts deutet auch noch so leise die zufällige Absicht der Ruhe an, so kann man nicht wissen, was ist. Ich weiß nur, dass alles irgendetwas ist und dass es nichts gibt, was nicht ist. Ich halte die Luft an im Wissen, dass ich im Bruchteil einer Sekunde diese innere Zugehörigkeit verlieren und in die gewöhn-liche Trennung zwischen mir hier und allem ander-en „dort drüben“ zurückgeworfen werden könnte. Also schon dieser Gedanken löst die Einzigartigkeit auf und ich erkenne, dass alles, was die Leere, die Finsternis, die Ruhe und die durch meinen eigenen Atem und Herzschlag gemessene Zeit ausfüllt, einen Namen und eine Definition hat. So entfernt sie sich von mir, wird anders als das Erlebnis von mir hier. Was aber, wenn ich verweilen könnte? Und zwar in der Tätigkeit des Eins-Seins, nicht nur in der Erin-nerung daran. Hier würde ich erkennen, dass es einen Ort gibt, an dem ich auch mit der Ganzheit-lichkeit meines Leibes - die Abgeschiedenheit (Kommunion im Räumlichen) - die Finsternis (Aufopferung des Lichtes) - das Maß der Zeit (Transsubstantiation des lebendigen Leibes) - und sogar die Ruhe (Verkündigung der schöpferischen Welt) durchdringen kann. So sagt Novalis also „Ich bin du.“ Cheryl Sanders-Sardello |
Kapitel 9. Ruhe, Gebet, Meditation
Wir haben uns darum bemüht, die Welt als Temple der Ruhe zu begründen. Gelingt uns dies, so kann uns jederzeit eine Handlung der Aufmerksamkeit in die Ruhe hineintragen, um uns aktivere Zugänge zu ihr erschließen. Durch das Aufnehmen von Praktiken, die unsere eigene innere Gegenwart als spirituelle Wesen stärken, kommen wir auch anderen Menschen in deren Eigenschaft als spirituelle Wesen näher. Wir können alle die in diesem Buch besprochenen Übungen dazu verwenden, unsere die Spiritualität zur Entfaltung zu bringen, anstatt bloß Dinge zu tun, die spiritueller Art sind. Über das Herz, wo wir uns mit dem unermesslichen Wesen vereinigen, das da ist die Ruhe, orten wir uns selbst als spirituelle Wesenheiten. Indem wir stille und für die Ruhe empfänglich werden, lassen wir das Ego-Bewusstsein zurücktreten und kommen innerhalb unserer Aufmerksamkeit bzw. unseres geistigen Selbst zur Ruhe. Wir beginnen dann innerhalb der Ruhe zu sprechen, und zwar in der innerlichen Weise, in der Sprechen und Beten in Eins zusammenfallen. So ist Beten der Gesprächs-modus innerhalb der Ruhe, der diese Ruhe nicht durchbricht. Das Beten scheint dann etwas zu sein, das wir in ganz derselben Weise tun, wie wenn wir uns mit jemandem unterhalten. Aber die Beziehung, die wir beim Beten herstellen, besteht zu keinem anderen, uns gegenüberstehenden Menschen, sondern zu einem Geistwesen, einem Engel, einem Heiligen, zum Christus, zur Mutter Gottes oder zu Gott. Beim Betrachten vorformulierter Gebete stellen wir fest, dass sie alle das gemeinsam haben, dass sie eine Anrede an jemand sind. Sie scheinen eine ausgesprochene oder stille Rezitation von Worten zu sein, die an ein geistiges Wesen gerichtet sind. Wenn wir unsere eigenen Gebete machen, ist es, als würden wir jemand Unsichtbaren anreden, den wir dennoch anwesend und in der Lage glauben, unsere Worte zu hören. Doch ist Gebet keine „eigentliche“ Unterhaltung, sondern es ist eine Unterhaltung, die ausdrücklich durch die Tiefe der Ruhe geführt wird. Weiterlesen in Ruhe K. IX |