Ruhe. Ganzheit als Mysterium
Robert Sardello, Cheryl Sanders-Sardello
Kapitel IV. Beziehungspflege in der Ruhe
Robert Sardello, Cheryl Sanders-Sardello
Kapitel IV. Beziehungspflege in der Ruhe
Poetischer Auftakt zu Kapitel IV
An dieser Stelle, unter dem Himmel liegend, steckt das sternen-entstrahlte Licht mich so sicher an die Erde fest wie nur irgend einen Schmetterling im Schaukasten. An diesem Ort, auf diesem Fleck, festgesteckt und doch schwebend, ergebe ich mich dem Gesetz der Ruhe, das die Erde als Liebesbrief versiegelt und durch den Raum schleudernd auf ihre geheimnisvolle Mission sendet. Auf der Erde liegend, durch den eigenen Schweiß an ihrer grasigen Haut festgeklebt, gehorche ich der Schwere der Ruhe, die mich ans Kuvert Presst. In der Ruhe der Notwendigkeit liegend ergänze ich das Emblematische. Trennung ist die Mythe, Isolation das Irreale. Ein deutliches, vollkommenes JA wird durch diese Ruhe gesprochen, das in und um alles Ich-Seiende herum nachklingt, durchdringend alles – von Atomen bis zu Organen, von Adam bis zur Auferstehung. Indem ich still liege, stillt die Ruhe meine unaufhörlichen Fragen und badet sie im lindernden Strom der Ruhe. Ich bin geläutert. Cheryl Sanders-Sardello |
Kapitel IV. Beziehungspflege in der Ruhe
Von den vorangegangenen Kapiteln ausgehend stellen wir uns die Ruhe der Naturwelt als ein nahezu ideales Vorkommen der von uns gesuchten Erfahrung vor. Indem wir uns auf eine bestimmte meditative Praxis einlassen, lernen wir die Wege dieses Phänomens zu untersuchen. Aber auch dadurch, dass wir unseren Beziehungen die Aufmerksamkeit zuwenden, können wir die Wege zur Erfahrung bringen, über welche die Ruhe Einzug hält; können auch lernen, ihre Gegenwart zu pflegen. Es zeigt sich dann, dass Ruhe eine wundervolle nährende, spirituelle Macht hat. Ich habe persönliche Beziehungen sich in gänzlich neuartige Weisen des Verhaltens verwandeln sehen, die, in der gewöhnlichen Art weitergelebt, schlicht nicht hätten überdauern können. Beziehungen geben uns also eine weitere Möglichkeit, diese gewaltige Innerlichkeit der Ruhe zu erschließen und mit ihr vertraut zu werden. In engen Beziehungen geraten wir miteinander dadurch in Schwierigkeiten, dass wir entweder sprechen oder schweigen. Wir sagen etwas, was den anderen Menschen verletzt, oder wir lassen unsere Gefühle nicht zum Ausdruck kommen und sagen nichts. Dann steigert sich der Druck bis hin zum Zorn. Diese außerordentlich vereinfachte Beobachtung legt nahe, dass wir auch im sprechenden Umgang in unseren Beziehungen der Ruhe teilhaft werden können. Durch die Art miteinander zu reden können wir entdecken, wie die Ruhe auch das Alltäglichste was zwischen uns geschieht, zu etwas Heiligem und Segenhaften formen und gestalten kann. Es geht hier offensichtlich nicht um die tödliche Form der Stille, welche oft im Zuge von Verwundungen sich einmischt und Beziehungen usurpiert. Diese Art der Stille und ihre vergiftenden Eigenschaften ergibt sich durch das egoistische Zurückhalten der heiligen Ruhe aus dem Innenraum des Beziehens. In solchen Fällen wird die Stille selbst zum Gift, statt zum fruchtbaren, schöpferischen Element. Die Art in welcher wir sprechen oder schweigen, kann einerseits die Ruhe fernhalten oder sie auf der anderen Seite zu dem zentralen Aspekt unserer Beziehungspflege werden lassen. Weiterlesen in Ruhe K. 4 |