aus Die Macht der Seele. Wege zum Leben der Monatstugenden
Die Tugend der Treue
(Ausdauer wird zu Treue - Rudolf Steiner)
21. Mai - 20. Juni
Die Treue stellen wir uns in Verbindung mit engen oder intimen Beziehungen einer bestimmten Art vor. Freunde sind einander treu, Liebhaber ebenso; auch Eheleute sollen sich gegenseitig die Treue halten. Das Klischee eines "treuen" Haustieres gibt es ebenfalls. Auch die Vorstellung der Treue zu einer Aufgabe oder einer Arbeit über lange Zeit passt hier hin. In all diesen Beispielen wird treue so aufgefasst, dass das Verhalten des treuen Menschen eine Pflicht ist. Zur Treue gehört eine nicht in Frage zu stellende Ausdauer: Man hat in der Regel für den anderen und mit ihm ausschließlich und ständig anwesend zu sein. Und man hat tunlichst davon abzusehen, von diesem Anwesendsein abzuweichen; hat man sich doch dem anderen verpflichtet, ob explizit oder stillschweigend.
Es ist an dieser Auffassung gewiss etwas dran. Die geschilderte Vorstellungsart ist aber auch extrem beschränkt, und zwar so sehr, dass man an dieser Vorstellung der Treue fast gar keine moralische Kraft spürt.
Eine Auffassung dieser Tugend als unerschütterliche Verpflichtung birgt nur wenig seelische Resonanz in sich. Im Gegenteil: wer die Tugend in dieser Weise sich vorstellt, der belebt bzw. erweckt die seelische Kerneigenschaft dieser Tugend nicht, sondern er tötet sie ab. Die bisher beschriebene Tugend ist weiter nichts als eine äußerliche Verhaltensregel. Wer Freund, Liebhaber, Ehegatte oder Ehegattin ist, der hat dem Partner oder der Partnerin treu zu sein – so zumindest ist die Erwartung, die ausdrückliche oder stillschweigende Regel. Wenn dieser Regel zu vertrauen ist, so kann man jede Sorge wegen der Beständigkeit unserer Beziehung mit einem anderen Menschen fahren lassen mitsamt den Befürchtungen, dass dieser Mensch hinter unserem Rücken weitere Verbindungen knüpfen könnte. Treue ähnelt hier einem Gelübde, das man ablegt, um sicherzustellen, dass von der Verpflichtung nicht abgewichen wird.
Betrachtet man nun diese Auffassungsweise der Treue stärker von innerhalb des seelischen Elementes, so wirkt sie geradezu wie ein Dogma. Tugend kann einseitig werden, besonders dann, wenn sie wortwörtlich genommen wird und keine Imagination, keine Phantasie an ihr beteiligt sind. Wenn das eintritt, wird Tugend zu einer Regel, der es Folge zu leisten gilt, anstatt zu einem Weg, auf dem man in imaginativer Weise in Verbindung mit dem Weltganzen zu leben lernt. Der Absolutheitscharakter dieser Standard-Auffassung der Treue beschwört unweigerlich die entgegengesetzte Polarität im Seelenleben herauf. Wenn wir versuchen, dieser unserer gewöhnlichen, ja der gesellschaftsfähigen Vorstellung der Treue gemäß zu leben, muss sich die Seele so unbefriedigt, so erstickt, so gefangen fühlen, dass sie zum anderen Extrem gedrängt wird.
Die unerbittliche Vorstellung einer Beständigkeit ohne Abweichung lädt geradezu zu häufigen und ständigen Verstößen ein gegen diese Art, die Treue zu wahren. Anstatt dass wir diese Verstöße für einen Versuch unserer Seele halten, Atmungsraum in dem unmöglichen Zustand zu finden, dem sie unterworfen wurde, werden wir vielmehr die eigenen Abweichungen für unerheblich halten – wenn wir nicht gar jeden Anschein der Treue überhaupt aufgeben. So oder so wird die Absicht, treu zu sein, zu Augenwischerei.
Die Schließung einer Ehe geht mit einem Treuegelübde einher. Dieses Jawort wird immer wortwörtlich aufgefasst: keiner der Ehepartner wird für einen anderen Menschen ein Liebesinteresse entwickeln. Alle Liebe und alle Hingabe wird dem Ehepartner gelten. Jede Abweichung hiervon gilt als Brechen der Treue. Man bedenke, wie das Leisten eines solchen Gelöbnisses auf die Beteiligten wirkt. Vielleicht erinnert sich der Leser ans Leisten des eigenen Gelübdes. Ich für mein Teil erinnere mich daran, wie ich am Altar stand und fest davon überzeugt war, dass sich diese Lebensart tatsächlich vollziehen lässt, ja dass sie genau das ist, was ich will. Ich erinnere mich daran, wie ich jeden Zweifel, jeden Gedanken an andere aus meiner Vorstellung verbannte. Es war ein Augenblick, der sich wie eine Neugeburt anfühlte.
Im Lauf der folgenden Jahre musste ich zu meiner Überraschung feststellen, dass ich andere Frauen weiterhin durchaus attraktiv fand. Ich hatte gedacht, dass das Leisten des Eides das mit sich bringen würde, dass fortan die Liebe zwischen mir und meiner Frau so stark sein würde, dass jedes andere Liebesinteresse einfach aufhören würde. Selbstverständlich wurden diese verbotenen Interessen umso verlockender, da sie nicht sein durften. Der Treueeid sollte einen magischen Schleier verhängen, und die Ehepartner sollten ihre sämtlichen Bedürfnisse, Begierden, Wünsche und Hoffnungen ausschließlich aneinander befriedigen.
Diese Art, die Treue zu etwas Wortwörtlichem zu machen, führt die Seele fast immer dazu, für das Gegenteil ein Ausdrucksmittel zu finden. Die dogmatische Beständigkeit enthält keine Imagination, keine Phantasie, und so bleibt die Seele unbefriedigt. Die Seele findet stets zwischen Polaritäten ihren Ausdruck. Das Fehlen von Paradoxie, Ironie, Spannung, Drama ist ein sicheres Indiz dafür, dass wir uns nicht im Seelischen befinden. Auslöschen wird die Seele eine einseitige Auffassung von Treue nicht; wohl aber wird sie Wege und Mittel finden, sie zu relativieren, um Expansionsraum zu gewinnen. Die Seele lebt in einem Rhythmus von Ausweitung und Zusammenziehung, und wenn wir ausschließlich auf die eine Seite beschränkt werden, so kann sie nicht anders, als für die andere Seite Ausdrucksmöglichkeiten zu finden. Die einzige Alternative ist die völlige Zuschnürung des Seelenlebens überhaupt. Aus einer seriösen Beziehung als etwas Heiligem wird dann ein bloßes Mittel, ein Weg, um andere Zwecke zu erreichen. An der Ehe etwa hält man fest um der Kinder oder der Verwandten oder der Wahrung des Scheins willen. Oder die Ehe wird zu einer Sache der Annehmlichkeit oder des Komforts, zu einer ökonomischen Ware. Zunehmend werden Beziehungen, die Treue voraussetzen, wegen anderer Dinge gepflegt anstatt einen spezifischen Pfad des Einweihungserlebnisses zu gehen.
Wird die Tugend nicht mit Seelen-Bewusstsein ausgeführt – mit der inneren Überzeugung und dem inneren Erlebnis, dass sich dabei in der Seele etwas Wertvolles entfaltet – so fühlen wir uns, als kämen wir um etwas, dessen wir bedürfen. Eine Beständigkeits-Beziehung fühlt sich unvollständig an, wobei es allerdings nur schwer festzustellen ist, warum ein solches Gefühl vorhanden ist.
Um diese Unvollständigkeits-Leere auszufüllen beginnen wir unwissend, unserer Beziehung andere, äußere Dinge abzugewinnen, als wenn das die Leere beseitigen würde. Ohne zu wissen, dass wir solches getan haben, werden wir, indem wir die Tugend nur als äußere Verhaltensweise ausführen, psychopathisch, was sich darin äußert, dass wir den anderen Menschen , unseren Partner verwenden, um an andere, uns wertvolle Dinge heranzukommen – wie zum Beispiel Sicherheit, Komfort, Beständigkeit, Zuversicht, Zuverlässigkeit. Währenddessen ist uns, als entbehrten wir des Tiefgangs in unserer Beziehung. Treue scheint um dieser anderen Dinge Willen da zu sein, anstatt als ein Wert für sich zu existieren. Nur wissen wir nicht, dass wir in dieser Weise andere Menschen gebrauchen. Treue an und für sich scheint von keinem seelischen Wert zu sein.
Ich hoffe, dass mein Gebrauch des Wortes „psychopathisch“ deutlich ist. Ich beziehe mich mit ihm auf eine Qualität des seelischen Lebens: jene nicht besonders von Glück gesegnete Suche nach Freiheit, während man an einem seelentötenden Zustand gebunden ist. Die dogmatische Art, auf welche die Treue der Beziehung einverleibt wurde, verfinstert der Seele sogar die Möglichkeit, der Freude an der echten Tugend der Treue. Daher wird dann, wenn auch ein äußerlicher Anschein von Verpflichtung vorliegen mag, die Tugend nicht innerlich erlebt und ausgelebt.
Solche dogmatische und fast gänzlich äußerliche Art, die Treue zu betrachten, führt recht häufig zum Aufsuchen anderer Beziehungen intimer Art. Vom Gesichtspunkt der Seele aber und der Art, wie sie sich auf diese Tugend einlässt, lassen sich derartige Abweichungen von einer Verpflichtung nicht ohne weiteres als bloßer Mangel an Treue verurteilen. Die Seele tut weiter nichts, als das andere Extrem der Tugend zu suchen, damit Treue eine Handlung der Seele sein kann, anstatt nur irgendeiner äußeren Anforderung zu genügen. Treue als das niemals In-Frage-Stellen einer Verpflichtung sucht ihre Polarität – nämlich die Polarität einer Verbundenheit, die die Seele nicht um das Gefühl innerer Freiheit bringt. So merkwürdig es auch klingen mag: Das Flattern von einem Abenteuer zum nächsten könnte sehr wohl Ausdruck sein einer Suche nach einer gesünderen Form, die Treue auszuleben.
Es geht mir selbstverständlich nicht darum, nahezulegen, dass diese letztere Handlung allein genügen sollte, um zu einer seelisch gesunden Pflege der Treue zu finden. Solches Verhalten erzeugt einerseits starke Schuldgefühle und andererseits eine generelle Neigung zu Verbotenem. Daraus erfolgt wiederum ein furchtbares Leiden, und all das ist auf weiter nichts zurückzuführen, als dass man bemüht ist, eine Tugend zu leben. Leider herrscht die allgemein verbreitete Vorstellung, dass alle Tugend damit zu tun habe, etwas Schweres zu tun und etwas Freudiges zu unterlassen. Es wird von uns erwartet, dass wir auf die Freuden des Lebens verzichten, um eine vorgeschriebene Version der Tugendhaftigkeit zu befolgen. Solch eingefleischte Auffassungen der Tugend müssen neu konzipiert werden. Nirgendwo ist diese Not offensichtlicher, als bei der Tugend der Treue.
Die Tugend der Treue
(Ausdauer wird zu Treue - Rudolf Steiner)
21. Mai - 20. Juni
Die Treue stellen wir uns in Verbindung mit engen oder intimen Beziehungen einer bestimmten Art vor. Freunde sind einander treu, Liebhaber ebenso; auch Eheleute sollen sich gegenseitig die Treue halten. Das Klischee eines "treuen" Haustieres gibt es ebenfalls. Auch die Vorstellung der Treue zu einer Aufgabe oder einer Arbeit über lange Zeit passt hier hin. In all diesen Beispielen wird treue so aufgefasst, dass das Verhalten des treuen Menschen eine Pflicht ist. Zur Treue gehört eine nicht in Frage zu stellende Ausdauer: Man hat in der Regel für den anderen und mit ihm ausschließlich und ständig anwesend zu sein. Und man hat tunlichst davon abzusehen, von diesem Anwesendsein abzuweichen; hat man sich doch dem anderen verpflichtet, ob explizit oder stillschweigend.
Es ist an dieser Auffassung gewiss etwas dran. Die geschilderte Vorstellungsart ist aber auch extrem beschränkt, und zwar so sehr, dass man an dieser Vorstellung der Treue fast gar keine moralische Kraft spürt.
Eine Auffassung dieser Tugend als unerschütterliche Verpflichtung birgt nur wenig seelische Resonanz in sich. Im Gegenteil: wer die Tugend in dieser Weise sich vorstellt, der belebt bzw. erweckt die seelische Kerneigenschaft dieser Tugend nicht, sondern er tötet sie ab. Die bisher beschriebene Tugend ist weiter nichts als eine äußerliche Verhaltensregel. Wer Freund, Liebhaber, Ehegatte oder Ehegattin ist, der hat dem Partner oder der Partnerin treu zu sein – so zumindest ist die Erwartung, die ausdrückliche oder stillschweigende Regel. Wenn dieser Regel zu vertrauen ist, so kann man jede Sorge wegen der Beständigkeit unserer Beziehung mit einem anderen Menschen fahren lassen mitsamt den Befürchtungen, dass dieser Mensch hinter unserem Rücken weitere Verbindungen knüpfen könnte. Treue ähnelt hier einem Gelübde, das man ablegt, um sicherzustellen, dass von der Verpflichtung nicht abgewichen wird.
Betrachtet man nun diese Auffassungsweise der Treue stärker von innerhalb des seelischen Elementes, so wirkt sie geradezu wie ein Dogma. Tugend kann einseitig werden, besonders dann, wenn sie wortwörtlich genommen wird und keine Imagination, keine Phantasie an ihr beteiligt sind. Wenn das eintritt, wird Tugend zu einer Regel, der es Folge zu leisten gilt, anstatt zu einem Weg, auf dem man in imaginativer Weise in Verbindung mit dem Weltganzen zu leben lernt. Der Absolutheitscharakter dieser Standard-Auffassung der Treue beschwört unweigerlich die entgegengesetzte Polarität im Seelenleben herauf. Wenn wir versuchen, dieser unserer gewöhnlichen, ja der gesellschaftsfähigen Vorstellung der Treue gemäß zu leben, muss sich die Seele so unbefriedigt, so erstickt, so gefangen fühlen, dass sie zum anderen Extrem gedrängt wird.
Die unerbittliche Vorstellung einer Beständigkeit ohne Abweichung lädt geradezu zu häufigen und ständigen Verstößen ein gegen diese Art, die Treue zu wahren. Anstatt dass wir diese Verstöße für einen Versuch unserer Seele halten, Atmungsraum in dem unmöglichen Zustand zu finden, dem sie unterworfen wurde, werden wir vielmehr die eigenen Abweichungen für unerheblich halten – wenn wir nicht gar jeden Anschein der Treue überhaupt aufgeben. So oder so wird die Absicht, treu zu sein, zu Augenwischerei.
Die Schließung einer Ehe geht mit einem Treuegelübde einher. Dieses Jawort wird immer wortwörtlich aufgefasst: keiner der Ehepartner wird für einen anderen Menschen ein Liebesinteresse entwickeln. Alle Liebe und alle Hingabe wird dem Ehepartner gelten. Jede Abweichung hiervon gilt als Brechen der Treue. Man bedenke, wie das Leisten eines solchen Gelöbnisses auf die Beteiligten wirkt. Vielleicht erinnert sich der Leser ans Leisten des eigenen Gelübdes. Ich für mein Teil erinnere mich daran, wie ich am Altar stand und fest davon überzeugt war, dass sich diese Lebensart tatsächlich vollziehen lässt, ja dass sie genau das ist, was ich will. Ich erinnere mich daran, wie ich jeden Zweifel, jeden Gedanken an andere aus meiner Vorstellung verbannte. Es war ein Augenblick, der sich wie eine Neugeburt anfühlte.
Im Lauf der folgenden Jahre musste ich zu meiner Überraschung feststellen, dass ich andere Frauen weiterhin durchaus attraktiv fand. Ich hatte gedacht, dass das Leisten des Eides das mit sich bringen würde, dass fortan die Liebe zwischen mir und meiner Frau so stark sein würde, dass jedes andere Liebesinteresse einfach aufhören würde. Selbstverständlich wurden diese verbotenen Interessen umso verlockender, da sie nicht sein durften. Der Treueeid sollte einen magischen Schleier verhängen, und die Ehepartner sollten ihre sämtlichen Bedürfnisse, Begierden, Wünsche und Hoffnungen ausschließlich aneinander befriedigen.
Diese Art, die Treue zu etwas Wortwörtlichem zu machen, führt die Seele fast immer dazu, für das Gegenteil ein Ausdrucksmittel zu finden. Die dogmatische Beständigkeit enthält keine Imagination, keine Phantasie, und so bleibt die Seele unbefriedigt. Die Seele findet stets zwischen Polaritäten ihren Ausdruck. Das Fehlen von Paradoxie, Ironie, Spannung, Drama ist ein sicheres Indiz dafür, dass wir uns nicht im Seelischen befinden. Auslöschen wird die Seele eine einseitige Auffassung von Treue nicht; wohl aber wird sie Wege und Mittel finden, sie zu relativieren, um Expansionsraum zu gewinnen. Die Seele lebt in einem Rhythmus von Ausweitung und Zusammenziehung, und wenn wir ausschließlich auf die eine Seite beschränkt werden, so kann sie nicht anders, als für die andere Seite Ausdrucksmöglichkeiten zu finden. Die einzige Alternative ist die völlige Zuschnürung des Seelenlebens überhaupt. Aus einer seriösen Beziehung als etwas Heiligem wird dann ein bloßes Mittel, ein Weg, um andere Zwecke zu erreichen. An der Ehe etwa hält man fest um der Kinder oder der Verwandten oder der Wahrung des Scheins willen. Oder die Ehe wird zu einer Sache der Annehmlichkeit oder des Komforts, zu einer ökonomischen Ware. Zunehmend werden Beziehungen, die Treue voraussetzen, wegen anderer Dinge gepflegt anstatt einen spezifischen Pfad des Einweihungserlebnisses zu gehen.
Wird die Tugend nicht mit Seelen-Bewusstsein ausgeführt – mit der inneren Überzeugung und dem inneren Erlebnis, dass sich dabei in der Seele etwas Wertvolles entfaltet – so fühlen wir uns, als kämen wir um etwas, dessen wir bedürfen. Eine Beständigkeits-Beziehung fühlt sich unvollständig an, wobei es allerdings nur schwer festzustellen ist, warum ein solches Gefühl vorhanden ist.
Um diese Unvollständigkeits-Leere auszufüllen beginnen wir unwissend, unserer Beziehung andere, äußere Dinge abzugewinnen, als wenn das die Leere beseitigen würde. Ohne zu wissen, dass wir solches getan haben, werden wir, indem wir die Tugend nur als äußere Verhaltensweise ausführen, psychopathisch, was sich darin äußert, dass wir den anderen Menschen , unseren Partner verwenden, um an andere, uns wertvolle Dinge heranzukommen – wie zum Beispiel Sicherheit, Komfort, Beständigkeit, Zuversicht, Zuverlässigkeit. Währenddessen ist uns, als entbehrten wir des Tiefgangs in unserer Beziehung. Treue scheint um dieser anderen Dinge Willen da zu sein, anstatt als ein Wert für sich zu existieren. Nur wissen wir nicht, dass wir in dieser Weise andere Menschen gebrauchen. Treue an und für sich scheint von keinem seelischen Wert zu sein.
Ich hoffe, dass mein Gebrauch des Wortes „psychopathisch“ deutlich ist. Ich beziehe mich mit ihm auf eine Qualität des seelischen Lebens: jene nicht besonders von Glück gesegnete Suche nach Freiheit, während man an einem seelentötenden Zustand gebunden ist. Die dogmatische Art, auf welche die Treue der Beziehung einverleibt wurde, verfinstert der Seele sogar die Möglichkeit, der Freude an der echten Tugend der Treue. Daher wird dann, wenn auch ein äußerlicher Anschein von Verpflichtung vorliegen mag, die Tugend nicht innerlich erlebt und ausgelebt.
Solche dogmatische und fast gänzlich äußerliche Art, die Treue zu betrachten, führt recht häufig zum Aufsuchen anderer Beziehungen intimer Art. Vom Gesichtspunkt der Seele aber und der Art, wie sie sich auf diese Tugend einlässt, lassen sich derartige Abweichungen von einer Verpflichtung nicht ohne weiteres als bloßer Mangel an Treue verurteilen. Die Seele tut weiter nichts, als das andere Extrem der Tugend zu suchen, damit Treue eine Handlung der Seele sein kann, anstatt nur irgendeiner äußeren Anforderung zu genügen. Treue als das niemals In-Frage-Stellen einer Verpflichtung sucht ihre Polarität – nämlich die Polarität einer Verbundenheit, die die Seele nicht um das Gefühl innerer Freiheit bringt. So merkwürdig es auch klingen mag: Das Flattern von einem Abenteuer zum nächsten könnte sehr wohl Ausdruck sein einer Suche nach einer gesünderen Form, die Treue auszuleben.
Es geht mir selbstverständlich nicht darum, nahezulegen, dass diese letztere Handlung allein genügen sollte, um zu einer seelisch gesunden Pflege der Treue zu finden. Solches Verhalten erzeugt einerseits starke Schuldgefühle und andererseits eine generelle Neigung zu Verbotenem. Daraus erfolgt wiederum ein furchtbares Leiden, und all das ist auf weiter nichts zurückzuführen, als dass man bemüht ist, eine Tugend zu leben. Leider herrscht die allgemein verbreitete Vorstellung, dass alle Tugend damit zu tun habe, etwas Schweres zu tun und etwas Freudiges zu unterlassen. Es wird von uns erwartet, dass wir auf die Freuden des Lebens verzichten, um eine vorgeschriebene Version der Tugendhaftigkeit zu befolgen. Solch eingefleischte Auffassungen der Tugend müssen neu konzipiert werden. Nirgendwo ist diese Not offensichtlicher, als bei der Tugend der Treue.
Um von der Auffassung der Treue im Sinne eines fraglosen Festhaltens an einer einmal gemachten Verpflichtung loszukommen, ist es vielleicht nützlich, sich mit dem Begriff des Glaubens zu befassen.* Ist es nicht zutreffend, dass Treue eine Herangehensweise an unsere Beziehung mit jemandem impliziert, die zulässt, dass wir, komme was wolle, fortdauernd an die Stärke und Kontinuität dieser Verbindung glauben? Treue soll aber nicht dem Glauben gleichgesetzt werden.
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*Anmerkung des Übersetzers: Das ursprüngliche Englisch an dieser Stelle lautet wie folgt: Rather than taking the word “faithfulness” to mean adhering unquestioningly to a commitment made, it might be helpful to dwell on a primary component of this word, “faith.” Das vom Verfasser verwendete englische Wort für „Treue“, nämlich „faithfulness“, enthält das Wort „faith“, was im Deutschen mit „Glaube“ übersetzt wird. Da im Deutschen die Begriffe „Treue“ und „Glaube“ diese Wortidentität nicht enthalten, so ist eine Wortwörtliche Übersetzung dieses Satzes aus dem Englischen nicht sinnvoll.
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Es wäre ein Fehler, Treue in dem Sinne zu verstehen, dass ich im Glauben lebe, meine Beziehung zu jemandem sei nicht hinterfragbar. Zum Glauben: Wenn ich wirklich glaube oder mir eine innere Empfindung des Glaubens zuteil wird, so wohnt diesem Zustand eine Erkenntnisqualität inne. Zwar redet man von „blindem Glauben“, als hätte Erkenntnis nichts damit zu tun; dieses Klischee bedeutet aber weiter nichts, als dass die Erkenntnisart, von der Glaube gekennzeichnet ist, eine entschieden andere ist als intellektuelle Formen der Erkenntnis. Glauben üben wir nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Herzen aus.
Glaube, so möchte ich nahelegen, ist eine vom Herzen geprägte Erkenntnis, eine Erkenntnis, bei der die Wahrheit gefühlt wird. So würde denn auch die Treue in einer Gefühlsfülle für einen anderen Menschen bestehen, die innerhalb des Herzraumes existiert. Was lässt sich also über diesen Erkenntnismodus sagen?
Treue als Herzwissen soll hier mehr sein als eine bloße Metapher. Treue ereignet sich innerhalb des Herzorgans, das uns in der Brust schlägt; hier ist der Ort, wo die Qualität dieses Wissens zu fühlen ist. Es ist sogar so, dass die Tätigkeit des Herzens selber jeden Augenblick die physische Basis für diese Tugend offenbart. Ein Herzschlag folgt auf den anderen, Systole folgt auf Diastole, Ausweitung auf Zusammenziehung. Zwischen der Weitung und der Zusammenziehung aber gibt es einen winzigen Moment, in dem eine Lücke vorhanden ist. Würden wir unsere Aufmerksamkeit nur auf diese Lücke richten, so würden wir die fortdauernde Gegenwart des Todes erleben, als integralen Teil des Lebens. Diese Lücke aber wird gefüllt, indem das Herz dem eigenen Prozess treu bleibt. Dieser Prozess schließt das innere Wissen mit ein, dass die Lücke nicht bleiben wird. Der fortdauernde, in Dehnung und Zusammenziehung bestehende Rhythmus des Herzens ist auch der Rhythmus der Seele. Ohne einen Sinn für diesen Rhythmus aber besteht das Leben der Seele nur in einem Hin- und Hergezogenwerden zwischen den polaren Gegensätzen. Treue muss die Lücke füllen.
Treue ist die rhythmische Bewegung zwischen den seelischen Polaritäten der dogmatischen, rigiden Haftung an einer Verpflichtung (Zusammenziehung) einerseits und dem leichtfertigen Sich-Ziehen-Lassen in jede beliebige Affinität andererseits (Ausweitung). Die Tugend ist das beständige Ruder inmitten der ständigen Strömungen der in der Seele existierenden Kräfte der Liebe. Damit die Tugend aber funktionieren kann, muss jeder Sog, jede Unterströmung empfunden werden. Es ist notwendig, in den widersprüchlichen Bewegungen des Herzens darinnen zu sein, deren Wechselhaftigkeiten zu erleiden. Wir müssen die ganze Fülle der Verpflichtung erleben: die Lücke, in der nichts zu existieren scheint, und die Anziehungen, die uns von der Beständigkeit jemandem gegenüber hinweglocken – das alles zusammen müssen wir erleben.
Als eine erste Annäherung an ein konkretes Erlebnis dessen, was mit Treue gemeint ist, ist es extrem hilfreich, die Aufmerksamkeit von der Gegend des Kopfes zum Ort des Herzens hin zu verlagern und sich für ein paar Momente innerhalb des Herzrhythmus‘ zu konzentrieren. Man richte nicht bloß vom Kopf aus die Aufmerksamkeit auf den Herzrhythmus; das hieße ja, auf das Herz zu fokussieren und nicht innerhalb seiner. Es ist durchaus möglich, eine Art Herz-Innenbewusstsein zu entwickeln.
Das erfordert weiter nichts, als dass man sich für ein paar Augenblicke jeden Tag darin übt, willentlich die Aufmerksamkeit von der Region des Kopfes in die des Herzens zu versetzen, aus den fortdauernden, ständig laufenden Gedanken, die wir haben, heraus und in die innere, aktive Ruhe des Herzens hinein. Als Erstes kann es vorkommen, dass man beim Bewegungsversuch vom Kopf weg und ins Herz hinein Angst erlebt. Man versuche, diesen Wechsel für ein paar Momente zur gleichen Zeit jeden Tag zu vollziehen. Nach einer Weile wird die Angst aufhören und es wird möglich sein, den innerlichen Sinn für den Rhythmus des Herzens zu empfinden.
Die Sprache zu finden, um das zum Ausdruck zu bringen, was wir innerhalb eines inneren Herzbewusstseins erleben, ist es nicht so leicht. Wir müssen etwas ziemlich Wortloses in Worte übertragen und dabei durchschauen, dass sich der Kopf dabei wieder eingeschaltet hat. Das von innen her erfahrene Herz ist keine Erfahrung eines Gegenstandes, sondern gleicht eher der Erfahrung eines Raumes, eines ungeheuren Innenraums – nichts als Innenraum. Wenn ich auch nur für einen Augenblick gewahr werde, dass ich mich in diesem Innenraum befinde, drängt sich eine starke Angst, ja sogar eine starke Empfindung der Furcht herein und verdrängt sofort mein Bewusstsein aus diesem heiligen Zentrum. Es ist recht schwer, innerhalb des Herzraumes zu verweilen. Wer seine Aufmerksamkeit dorthin verlagert und sich dieser Aufmerksamkeit bewusst wird, dem kommt der Verstand dazwischen. Zu einem solchen Dazwischenkommen gesellen sich Angst und Furcht. Hat man einmal diese Störung erkannt, so bringe man die Aufmerksamkeit zum Raum innerhalb des Herzens zurück. Diesmal wird es möglich sein, ein wenig länger dort zu bleiben.
Der innere Raum des Herzens gleicht nicht dem inneren Raum eines Zimmers. In ersterem Raum existieren Qualitäten; er ist kein Vakuum. Es ist zum Beispiel vollkommen richtig, diesen inneren Herzraum als „moralischen Raum“ zu bezeichnen, was genau beschrieben werden muss. Der hier verwendete Ausdruck hat nichts gemein mit der Moralität oder dem Moralismus. Vom inneren Raum des Herzens her nehmen wir alles, was wir tun, als bedeutungsvoll und folgenschwer wahr. Im Herzraum ist es unmittelbar evident, dass die Art, wie wir einen anderen Menschen behandeln, auf dessen Seelenleben eine Auswirkung hat. Die inneren Strömungen unserer Herzenskräfte stehen in direkter Verbindung mit den inneren Kräften der Herzströmungen anderer. Die Tugend der Treue erkennt die Wirklichkeit dieser Strömungen als das Medium, innerhalb dessen sie ihren Kurs aufnehmen muss. So ist die Treue also eine besondere Art, mit einem anderen Menschen zusammen zu sein, und nicht eine Art, sich einem anderen Menschen gegenüber zu verhalten. Diese Art, mit einem Menschen zusammen zu sein, hat reale, fortdauernde Auswirkungen, die beide Menschen verändern; man stellt sie sich besser als eine Kraft denn als eine Verhaltensweise vor.
Diese neue Definition von Treue als Vernetzung der zwischen Menschen befindlichen Herzströmungen bedeutet, dass wenn die Tugend da ist, man eine eigene Art der Resonanz erlebt, entweder zwischen zwei Menschen oder zwischen uns selbst und dem Anliegen, dem gegenüber wir treu sind. Diese Resonanz ist ein inneres Herzwissen, dass wir uns mit jedem in ständiger Verbindung befinden, dem wir treu sind. Unser äußeres Verhalten wird zweitrangig. Das soll nicht heißen, dass das Verhalten unwichtig wäre, sondern dass das äußere Verhalten an der inneren Resonanz, allerdings in nicht vorgeschriebener Weise teilnehmen wird. So fühle ich mich völlig frei, mich auf tiefer Ebene mit jemand anderem zu verbinden, ohne zu fühlen, dass ich untreu wäre – solange ich in dem Gefühl der Resonanz darinnen bleibe und diesem Gefühl die Treue halte.
Es ist auch zutreffend, wenn diese Charakteristik des Herz-Innenraumes erweitert wird um die Eigenschaften des „Emotional-Raumes“ und des Gefühls-Raumes, die zwei völlig verschiedene Qualitäten sind. Mit Emotional-Raum meine ich, dass die innere Region des Herzens der Quell der energetischen Tätigkeit der Seele ist. Diese energetische Tätigkeit ist das, was wir als Emotion fühlen. Wenn wir uns dem Leben des Herzens stellen, so erleben wir die Dinge in emotionaler Weise. Emotion ist eine reine Form der Energie des Herzens und der Seele. Gemeint ist nicht, dass man hierbei spezifische Emotionen wie Zorn oder Verlangen oder Freude empfindet; vielmehr meine ich, dass das Herzzentrum das gefühlte Erfassen von Seele als dynamischer Aktivität ist, und nicht einfach als inneres Fühlen oder als Anwesenheit von Bildern. Emotion ist die gefühlte Bewegung der Seele, ihre Lebendigkeit und ihr Feuer. Emotionen bringen die Bilder dazu, dass sie fühlen, und lässt sie nicht einfach als innere Bilder vorhanden sein.
Das Innere des Herzens als ausgestattet mit der Eigenschaft eines gefühlten Raumes ist anders als die emotionale Qualität des Herzens. Unter dieser Qualität verstehe ich, dass das Herz eine kognitive Kapazität, eine Erkenntnisart – der Ursprung selber aller wahren Erkenntnis anderer Menschen ist. Gegenstände erkennen wir über den Kopf. Andere Menschen erkennen wir mittels des Fühlens. Das Fühlen ist ein alternatives Erkennen, das sich vom intellektuellen Erkennen darin unterscheidet, dass das, was wir fühlend erkennen die Innerlichkeit der Dinge, die Innerlichkeit von allem ist. Intellektuelles Erkennen beschränkt sich auf ein Erkennen der Dinge von außen; es geht dabei um ein Zuschauer-Erkennen.
Unabhängig von dem, was wir an biologischen oder medizinischen Kenntnissen von dem Herzen haben, was darin vor sich geht: das unmittelbare Erlebnis des Herz-Innenraumes besteht darin, dass in den inneren Herzräumen diese Qualitäten strömen. Innerhalb dieser drei Strömungen des Herzens – der moralischen Strömung, der emotionalen Strömung, der Gefühlsströmung – ist der Ort, wo wir die Treue als zentrale Aktivität finden.
Außer diesen drei Eigenschaften gibt es weitere Herz-Aktivitäten, von denen man erwarten dürfte, dass man sich ihrer durch eine Umlagerung des Bewusstseins vom Kopf zum Herzen bewusst wird. Erwarten dürfte man, dass man sich des Herzrhythmus, des Herzschlags selbst, oder sogar des Strömens vom Blut ins Herz hinein und aus ihm heraus bewusster wird. Achtet man aber sehr genau auf diese Dinge, so wird man bemerken, dass wenn man sich dieser Aktivitäten des Herzens bewusst wird, das eigene Bewusstsein übergegangen ist vom inneren Zentrum des Herzens zu einem Ort gerade außerhalb, wo es mehr wie zuschauend wird – wenn schon in ziemlich intimer Weise zuschauend. Oder man wird bemerken, dass die Aufmerksamkeit hin- und herwechselt zwischen dem inneren Raum des Herzens und diesem dem Herzen äußerlichen Ort. Eigentlich ist der innere Raum des Herzens sehr still, sehr ruhig, aber ohne statisch zu sein.
Man hat sogar den Eindruck, dass jene Tätigkeit des Herzens – die Systole und Diastole, das Strömen des Blutes – der aktivierende Zustand ist, der die inneren, weltalltiefen Eigenschaften innerhalb des Herzens entstehen lässt, aber nicht selbst an den Eigenschaften dieses Raumes teilnimmt. Anstatt zu denken, dass wir unseren Intellekt dadurch in die Mitte der Brust verlagert haben, dass wir die eigene Aufmerksamkeit vom Kopf zum Herzen versetzt haben, ist es hilfreicher und zutreffender, sich vorzustellen, dass das Erlebnis des Herzinnern Blut-Erkenntnis ist. Wir verlagern uns von der Nervenerkenntnis des Denkens zur Blut-Erkenntnis des Fühlens.
Was haben diese Eigenschaften des inneren Herzens-Raumes (moralischer Raum, emotionaler Raum, Gefühls-Raum, heiliger Raum) mit der Erkenntnisart zu tun, von der oben als Glauben die Rede ist? Und was haben sie mit der Tugend der Treue zu tun?
Um sich diesen Eigenschaften zuwenden zu können, muss der Ausdruck „Raum“ präzisiert werden, der um die innerliche Eigenschaft der Herzregion zu beschreiben hier verwendet wird. Dieser Ausdruck vermittelt zu ungenau die Charismatik des Herzinneren – er wirkt zu statisch. Das Innere des Herzens ist ganz dynamische Bewegung, ein Fluss des subtilen moralischen Fühlens, der Emotion und des Fühlens und der vielen von diesen erzeugten Unterströmungen – die Kräfte der Leidenschaft, des Verlangens, Sehnens, Wartens, Liebens. Dieser dynamische Fluss birgt auch die Seelenerlebnisse des Trauerns, der Reue, der Verletzung, des Schmerzens und des Mangels.
Der Innenraum des Herzens fühlt sich unermesslich an, während sich zu gleicher Zeit diese Unermesslichkeit ungeheuer konzentriert anfühlt – eine konzentrierte Unermesslichkeit. Diese zwei scheinbar sich widersprechenden Eigenschaften sind an dieser Stelle eine und dieselbe Eigenschaft. Im Herzinnern können wir uns verlieren, dann kommt jemand daher, der aus uns heraus das Verlangen nach Treue hervorlockt; dann scheint es endlich, als gäbe es einen Grund dafür, dass die hintergründigen Kräfte des Herzens in dieser anscheinend so chaotischen Weise angeordnet sind. Wir finden plötzlich jemand, der die Aufmerksamkeit auf die strömenden Kräfte des Herzens richtet, was sie wiederum in eine Richtung bündelt. Der Eintritt in die Tugend erfordert nicht nur, dass man in einem Akt der Verbindlichkeit den Fokus auf jemand gerichtet hält; dieser Eintritt bedeutet auch die Verbindlichkeit, in das dynamische innere Wirbeln der Kräfte des Herzens einzutreten, diesen Bewegungen die Treue zu halten und sie lesen zu lernen und zu verstehen, was sie gerade tun und wohin sie wollen, dass wir gehen.
Diese Weise, sich die Treue vorzustellen und in ihre Ansprüche einzutreten bringt eine neue Fähigkeit zur Entwicklung, nämlich die Fähigkeit, innerhalb unmöglicher, unauflösbarer Gegensätze darinnen zu bleiben, ohne eine Lösung suchen zu müssen. Wenn wir uns mit einem anderen Menschen wahrhaft intim einlassen – wo die tiefsten Emotionen sich offenbaren, die tiefsten Sehnsüchte, Begierden, Hoffnungen –, dann geschieht etwas hoch Widersprüchliches. Wir fühlen uns von anderen stark angezogen. Wir fühlen uns dem Menschen, dem wir uns verpflichtet haben, nicht weniger verbunden, und doch werden andere Anziehungen tatsächlich gesteigert. Es kann nicht anders sein. Wenn das Herz offen ist, so ist es nicht selektiv offen. Es ist offen, Punkt.
Treue hat zu allererst damit zu tun, dass wir in diese widerspruchsvollen Strömungen eintreten und dabei bleiben. Treue bedeutet, dass wir diesen unmöglichen Strudel sich widersprechender Gefühle als einen Erkenntnisweg auffassen zu Dingen hin, die wir auf anderem Wege unmöglich erkennen können. Was wir durch die Herzenstreue erkennen, das ist, dass die Liebe nur durch die Pforte sich widersprechender Gegensätze eintritt, die in unauflösbarer Spannung gehalten werden. Aus der Perspektive des Herzens ist der Gedanke ziemlich töricht, dass wenn man jemanden tief und von Herzen liebt, dies andere ausschließt. Je tiefer ich jemanden liebe, umso stärker fühle ich mich von anderen angezogen. Das klingt allerdings ketzerisch. So hat Liebe nicht zu funktionieren. Genau das tut sie aber. Und die Tugend der Treue erfordert, dass wir bei der an erster Stelle stehenden Liebe bleiben, aber ohne die nunmehr lebhafter gewordenen Anziehungen zu leugnen, abzuweisen, oder zu drosseln. Unter diesen Bedingungen bekommt die Tugend nun Atmungsraum und kann in ihrer vollen Spannweite ihrem Sinn leben.
Ein zweiter Aspekt dieses innerlichen Raums trägt uns in einen weiteren Widerspruch hinein, der dann auftaucht, wenn wir uns auf die seelische Arbeit der Treue einlassen. Dieser innerliche Raum ist zugleich überaus dunkel und überaus hell. Wir fühlen uns, wenn wir Treue üben, von den vorstellbar dunkelsten Gedanken und Emotionen attackiert. Es ist, als würden wir plötzlich aus einem Boot hinaus und in gefährliche Strömungen hineingeworfen. In völlig paradoxer Weise sind diese Strömungen zugleich auch Strömungen des Lichtes – unter einer bestimmten Voraussetzung. Diese Voraussetzung ist die, dass wir uns den dunklen Strömungen all unserer Begierden, Bedürfnisse, Wünsche – sogar derer des Schmerzens, der Verwundung, des Verlassenseins – übergeben und zulassen, dass uns das göttliche Licht durch die Qual hindurchträgt. Dies ist die Handlung der Treue – das Festhalten an der dunklen Qual, die zugleich – und dies ist ein Geheimnis – dasselbe ist wie das göttliche Licht.
Ich glaube, dass sich die Eigenschaft des oben beschriebenen inneren Raumes von jedem bestätigen lässt, der den Willen hat, den beschriebenen Übungen Zeit zu widmen. Es muss eine weitere Eigenschaft erwähnt werden. Eigentlich geht es nicht so sehr um eine zusätzliche Eigenschaft, als um eine nähere und differenziertere Beschreibung der besonderen Gefühlseigenschaft, die den Innenraum des Herzens kennzeichnet. Auch hier treffen wir auf einen Widerspruch. Diese Gefühls-Eigenschaft des Herz-Innenraums ist als „Schmerz-Freude“ zu beschreiben. Diese Gefühls-Eigenschaft wechselt in der Regel nicht zwischen diesen beiden Qualitäten; auch ist sie keine eigentliche Kombination dieser beiden Qualitäten. Der Ausdruck „Schmerz-Freude“ sollte eine spezifische Art des Fühlens vermitteln.
Meines Wissens existiert kein Ausdruck, der diese Gefühls-Eigenschaft vermittelt. Sie ist keine Qualität, die in unseren gewöhnlichen Zuständen des Fühlens erlebt wird so, wie sie im alltäglichen Leben vorkommen. Im Alltagsleben scheint diese Gefühls-Eigenschaft sich in ihre zwei separaten Aspekte des Schmerzes und der Freude zu trennen. Diese Gefühls-Eigenschaft von vereinigter „Schmerz-Freude“ beschreibt vollkommen das Gefühl der Treue.
Wie mit allen Tugenden, die wir bisher behandelt haben, richtet sich auch bei der Treue unser Fokus auf die Beschreibung der Tugend von einem inneren Standpunkt her. Wir haben uns eine neue Vorstellung der Tugend erarbeitet, in der sie eine Handlung der Seele ist, und keine für mich bloß wünschenswerte Verhaltensweise, deren Ausführung ich aber den Heiligen überlasse. In einem zweiten Fokus geht es darum, Vorschläge für die innere Entwicklung anzubieten, die die Handlung der Tugend als seelische Qualität stärken kann.
Zu Beginn kann gesagt werden, dass die Treue ein Geheimleben führt. Sie lebt nicht im Tageslicht des wachen Bewusstseins, außer in bestimmten, nachdenklichen Momenten, in denen wir über unsere Beziehung zu jemandem nachdenken oder grübeln oder uns an sie erinnern. Die andere, intimere Weise, sich der Treue bewusst zu werden, besteht im Beraten mit dem eigenen Herzen, indem man wie oben beschrieben die Aufmerksamkeit in diese innere Region hineinverlagert. Dabei halte man aber diesmal das Bild oder den Gedanken an einen Menschen im Bewusstsein, zu dem man eine Verbindung der Treue fühlt. Die Gegenwart dieses Menschen ist in der inneren Gegend des Herzens zu fühlen. Welcher Art sind die empfundenen Qualitäten der inneren Gegenwart dieses Menschen?
Das Erste, was wir vom Gesichtspunkt der innerlichen Herzgegenwart hinsichtlich der Treue sagen können, ist dass diese Tugend nicht dasselbe ist wie die Liebe, wenngleich das Zentrum ihres Funktionierens das Herz-Innere ist. Liebe mag zwar mit dabei sein, aber sie ist nicht das Wesen dieser Tugend. Andererseits, wenn ich innerhalb des Herzens keine Empfindung dieses Menschen orten kann, so besteht im Verhältnis zu diesem Menschen wahrscheinlich keine Treue; beziehungsweise wenn hier doch von Treue die Rede sein kann, dann als eine Treue ganz äußerlicher Art – eine gehegte Idealvorstellung oder etwas Aufgestülptes.
Der Unterschied zwischen beiden, ob mit einem Menschen von der innerlichen Anwesenheit her oder einer äußerlichen Verhaltensform gemäß betrachtend umgegangen wird, ist frappierend. Wenn Treue ein äußerlicher Akt ist auf Grund einer Vorstellung, dass dieses Verhalten wichtig ist, so schließt die Treue den anderen Menschen in keiner intimen Weise mit ein. Hier hat die Treue die Qualität einer Verpflichtung. So gesehen lebe ich innerhalb dieser empfundenen Verpflichtung, die dem anderen Menschen mehr oder weniger aufgestülpt ist. Diese Art der Treue kann von dem anderen tatsächlich als erstickend empfunden werden.
Völlig äußerliche Treue bedeutet, dass ich die Verpflichtung auf mich genommen habe, im Leben eines anderen eine beständige Präsenz zu sein. Ich tue dies mit Beständigkeit, tagein, tagaus. Ich bin, wie man zu sagen pflegt, für diesen Menschen da. Eine solche Treue besitzt die Macht, das innere Leben der Beziehung zu töten, wenngleich sie, von einem äußeren Gesichtspunkt gesehen, eine bewundernswerte Stetigkeit zu bieten scheint. Diese Treue, so könnten wir sagen, ist eine Treue ohne Glauben. [Engl. „faithfulness without faith“.]
Eine Treue des Herzens funktioniert ganz anders als veräußerlichte Treue. Wenn ich zum Beispiel eine wirkliche Treue einem anderen Menschen gegenüber fühle, so nimmt meine innere Verbindung mit diesem Menschen an all den an all den widerspruchsvollen Eigenschaften teil, die den inneren Qualitäten des Herz-Bewusstseins zugeordnet wurden. Treue bedeutet hier nicht „Stetigkeit“; im Gegenteil: vom innerlichen Standpunkt betrachtet ist die Beziehung stets in „Bewegung“. Hier „kenne“ ich diesen Menschen in ganz anderer Weise, als ich jemanden kenne, an dem diese Tugend in der Beziehung nicht teilhat. Es geht hierbei um eine Art Nichtkennens, hat aber mit einem Mangel an Erkenntnis nicht das Geringste zu tun.
Treue verpflichtet mich zu einem Umgang mit einem anderen Menschen, indem ich mich möglichst nahe an den Herzrhythmen halte; indem ich diesen Menschen durch die Art kenne, wie ich ihn behandle und emotional auf ihn reagiere; und indem ich der fühlenden Erkenntnis folge. Es offenbaren sich dabei laufend total neue Aspekte des Menschen, dem gegenüber ich um eine Beziehung der Treue bemüht bin. Ebenso verschwinden manchmal auch Aspekte, die mir bewusst sind, völlig; sie werden verborgen.
Wenn Treue eine völlig äußerliche Sache ist, so wird die ganze Beziehung dann fragwürdig, wenn ausgerechnet die Eigenschaften des Menschen verschwinden, die mich überhaupt erst zur Treue ihm gegenüber geführt haben. Ich ertappe mich dabei, dass ich sage: „Das ist nicht derjenige, dem gegenüber ich meinen Treueentschluss gefasst habe. Dieser Mensch hat sich geändert, so besteht keine Basis mehr, mich noch an die Verpflichtung zu halten.“ Dabei sehen wir aber leider nicht, dass die Art und Weise, wie wir die Tugend erst aufgegriffen haben, höchstwahrscheinlich mit einer Veränderung der Eigenschaften der Beziehung gar nicht rechnet.
Wird Treue als innerliche Qualitäten des Herzens gelebt, so ist es das ewig sich ändernde Wesen des Menschen, dem ich treu bin. Diese Orientierung ist kreativer Art. Sie erschafft für den anderen Menschen die Möglichkeit, im Leben zu wachsen, sich zu entwickeln und sich zu wandeln. Diese Tugend wirkt befreiend, während veräußerlichte Treue fesselt. Der Philosoph Gabriel Marcel hat eine schöne Bezeichnung für die so verstandene Tugend. Er nennt sie „schöpferische Treue.“
Der Ausdruck „schöpferische Treue“ enthält die Wahrheit, dass diese Tugend etwas erschafft, was es sonst nicht gäbe – nämlich die Freiheit des anderen Menschen. Es ist nicht so, dass die Treue so, wie sie hier begriffen ist, den anderen Menschen bloß dessen Freiheit lässt; sie stellt vielmehr diese Freiheit im Wesentlichen erst her. Mag sein, dass uns Menschen die eingeborene Kapazität zur Freiheit innewohnt, aber diese Kapazität will ausgelöst, in Gang gebracht werden; dieser anfängliche Impuls zum eigentlichen Leben der Freiheit ist nichts, was wir auf eigene Faust, aus den eigenen Seelenkräften heraus machen.
Dieses tiefere Verständnis der Tugend der Treue enthüllt, dass sich die Tugend nicht bloß auf unsere intimsten Beziehungen beschränkt. Sie kann und muss sich auf andere ausweiten, zunächst auf familiäre Kreise, dann auf Freundschaften, dann auf die vielen uns zwar bekannten, aber nicht intim vertrauten Einzelmenschen. Dass die Tugend so ausgeweitet wird, ist deshalb nötig, weil diese Ausweitung in der Welt etwas erschafft, was es in keiner anderen Weise zu erschaffen geht: eine wahre Erfahrung der Freiheit, sowohl für den, der sie schenkt, als auch für den, der sie empfängt.
Beginnt einmal eine Beziehung, sich routine-artig, bequem, leicht von der Hand anzufühlen, so stehen wir vor der Möglichkeit, dass wir in äußere Beständigkeit hineingestürzt sind und mit den innerlichen Wirbeln der Herzströmungen – mit diesem inneren Mahlstrom, der als Lebens-Fluten-Meer dient, in dessen Tiefe das Ruder der Treue erst voll greift – den Kontakt verloren haben.
Es ist illusorisch, sich die Tugenden als Lenkerinnen hin zum inneren Frieden vorzustellen. Sie führen zum Innern des Lebens hin, nicht zum Frieden. Sie verrichten schöpferische Arbeit in der Welt, und schöpferisches Arbeiten ist niemals friedlich.
Solche erlebten Polaritäten wie diejenigen, die das rhythmische Zentrum des Herzens kennzeichnen, sind Agonien und Krämpfe des Erschaffens. Als primäres, alle diese Agonien zusammenfassendes Erlebnis kommen der Treue ihre wahren Dimensionen als Seelenqualität überhaupt erst zu – Dimensionen, wohlgemerkt, die wir niemals ganz im Griff haben – können. Unsere Treue ist etwas, das wir erleiden müssen, ist etwas, das wir zulassen müssen, damit sie uns ihre Wege weist. Das sind Wege zwar, die wie komplexe Moraste und Komplikationen scheinen mögen; gerade das gewährleistet aber unser Angeknüpftsein an die Seele eines Menschen oder eine Arbeit oder eine Aufgabe, mit denen wir eine Beziehung der Treue leben. Es gibt keinen Sinn, zu sagen: „Ich werde jemandem treu sein“. Eine wunderschöne Absicht ist das allerdings; aber wir können höchstens und dann nur mit großem Bangen uns dazu entschließen, in die Tiefen der Treue hineinzuspringen. Und dann gilt es, uns am nächstbesten Strohhalm festzuklammern.
Tugenden sind Anrufe, Einladungen an die Seele, sie sind die Aufgabe, die eigene Entwicklung hin zur geistigen Seele in Angriff zu Nehmen. Sie sind keine Aufstellung frommer Regeln, deren Befolgung uns zu spirituelleren Menschen machen wird. Tugenden sind für „Krieger der Seele“; sie sind Waffen, mit denen die Seele um die geistige Reiche zu kämpfen vermag. Ohne diese Waffen ist die Seele zu den Tiefen der Tiefen verurteilt, zum Schattenland und nicht zum Land des Geistes.
Was tut die Treue in der Welt? Wie das Wort nahelegt, treten wir allmählich in eine innere Vollerkenntnis des Seelenwesens des anderen Menschen ein, in der wir die vollen Möglichkeiten dieses Menschen wahrnehmen. In der Treue erleben wir nicht den anderen Menschen genau so, wie er ist; wir erleben ihn als den, der zu sein er vorgesehen ist. So besteht Treue denn in einer eigenartigen Weise, die Zukunft zu wissen. Die Agonie der Tugend hat damit zu tun, dass wir aus einer vom Herzen her geweissagten Zukunft die Beziehung zu diesem Menschen pflegen. Eine solche Auffassung müsste der Psychologie als gefährlich, und derjenige, der so zum Wesen dieser Tugend hält, gar als pathologisch gelten. Gegen jeden, der seine Beziehung zum Potential eines Menschen verficht, statt zu dem, was er tatsächlich ist, würde allerhand Verdacht auf Projektion und Verdrängung gehegt sowie mangelnde Geistesgegenwart gegenüber dem Menschen, der gerade vor uns steht. Ferner dürfte es grausam und inhuman scheinen, zu etwas eine Beziehung zu unterhalten, das vom gewöhnlichen Gesichtspunkt aus nicht real vorhanden ist.
Vom Gesichtspunkt aber der Geist-Seele sind wir das, was wir sein können, und nicht das, was uns gebildet hat, auch nicht nur das, was wir im Augenblick zu sein scheinen. Treue ist keine Prognostik, keine Rutengängerei. Sie ist vielmehr ein bestimmter Standpunkt, den die Seele gegenüber dem Seelen-Sein eines anderen Menschen bezieht. Ich bin als treuer Mensch dem Schicksal des anderen Menschen treu, dem, der der andere Mensch wird. In dieser Weise dem anderen Menschen treu zu sein erschafft teilweise die Möglichkeiten für den, der dieser Mensch werden kann.
Von einem äußeren Gesichtspunkt ist es kaum möglich, zwischen einer Verbindung der Treue und einer des Schicksals zu unterscheiden. Der Ausdruck „Schicksal“ ist eine weitere Bezeichnung, die das Geloben einer eher äußerlichen Beständigkeit in einer Beziehung hervorhebt. Eine Beziehung des Schicksals ist gewiss nichts Schlimmes; sie kann durchaus bedeutungsvoll sein, freudig und tiefgehend; oder aber auch qualvoll. So ist es auch mit einer Beziehung, die die Treue des Herzens im Mittelpunkt hat. Aber die Qualen und Freuden jeder dieser Beziehungen sind je in einem anderen Seelenraum zentriert. Der Inhalt dessen, was in jeder dieser Beziehungsformen ausgelebt wird, mag wohl absolut identisch sein, was aber nur zeigt, dass der Unterschied nicht so sehr in den Erlebnissen liegt, denen man in jeder dieser Beziehungsarten begegnet. Der Unterschied liegt in den eher subtilen Aspekten der Erfahrung und hängt davon ab, ob die Beziehungspartner ihre Erfahrungen miteinander mehr als feste Inszenierung (planmäßige Umsetzung) oder aber als Improvisation empfinden.
Eine Beziehung mit Inszenierungsqualität trägt den Charakter der Wiederholung, der Gewohnheit, des immer und immer wieder Aufsuchens derselben Freuden, derselben Prüfungen, derselben Schwierigkeiten. Von einem äußerlichen Gesichtspunkt betrachtet – beziehungsweise von der Zuschauerperspektive außerhalb des eigenen Seelenlebens – mag eine solche Beziehungsart zwar so aussehen wie Treue. Dieses Verhaltensmuster ist nicht unbedingt statisch; Wiederholung vertieft oft die gelebten Eigenschaften einer Beziehung. Treue hingegen gestattet uns in der Pflege einer Beziehung nicht die gleiche Gewissheit. Was sich im nächsten Moment ereignen mag hat viel stärker den Charakter eines Unbekannten. Wir können uns nicht auf die sich wiederholenden Gewohnheiten der Vergangenheit verlassen, um dem zu begegnen, was als Nächstes geschieht. Wir müssen den nächsten Augenblick improvisieren, und zwar von einem Empfinden der innerlichen Regionen des Herzens her. Beziehungspflege als Jazz.
Auch in einer Beziehung, die auf der Tugend der Treue fußt, spielt ein starkes Schicksalselement oder aber die planmäßige Umsetzung seelisch universeller Urbilder als Ausdruck des Seelenlebens eine Rolle. Diesen Aspekt der Seele wollen wir nicht vermeiden (vermeiden kann man ihn auch gar nicht). Aber im Unterschied zu einer Beziehung, in der das Schicksalhafte und dieselben immer wieder gelebten Muster alles ist, was gefühlt wird, werden in einer Beziehung der Treue eben diese sich wiederholenden Muster zum künstlerischen Material, durch das wir neue Aspekte der Seele des anderen Menschen entdecken. Hier geben Muster der Vergangenheit den Stoff zu seelischer Improvisation ab und ermöglichen den Eintritt in eine Zukunftsströmung der Seele, wo für beide der an der Tugend der Treue beteiligten Menschen sich eine Fähigkeit zur Gestaltung ganz neuer seelischer Erfahrungen zu bilden beginnt. Treu zu sein bedeutet, dass man sich diesem Prozess seelischer Improvisation vom Orte des Herzens her verpflichtet.
In unseren gewöhnlichen Beziehungen, selbst in denen, die von Dauer sind und wo eindeutig eine äußerliche Form der Treue vorliegt, dient die Beziehung nicht der Seele des anderen Menschen, sondern der eigenen Seele. Diese scheinbar eigennützige Art der Beziehungspflege ist nicht zwingend egoistisch oder selbstsüchtig; dient die Beziehung doch der Seele. Eine Beziehung der Treue dient aber der Seele des anderen Menschen. Sie kann nicht anders; das liegt im Wesen der Treue selber. Nicht um meinetwillen bin ich einem anderen Menschen treu, nicht einmal auf der Ebene der Seele ist das so. Durch mein Treusein wird mir nicht gedient, in direkter Weise bestimmt nicht. Treue lebt man für jemand anderen, und weil sie im Inneren des Herzens, und zwar auf seelischer Ebene lebt, lässt sie sich nicht von den eigenen selbstsüchtigen Bedürfnissen und Begierden gefangen nehmen.
Ausdruckbare pdf-Version von Die Tugend der Treue
Weiterlesen in Die Macht von Seele. Wege zum Leben der zwölf Monatstugenden
The Power of Soul. Living the Twelve Virtues ist bei Goldenstone Press zu erwerben.
Glaube, so möchte ich nahelegen, ist eine vom Herzen geprägte Erkenntnis, eine Erkenntnis, bei der die Wahrheit gefühlt wird. So würde denn auch die Treue in einer Gefühlsfülle für einen anderen Menschen bestehen, die innerhalb des Herzraumes existiert. Was lässt sich also über diesen Erkenntnismodus sagen?
Treue als Herzwissen soll hier mehr sein als eine bloße Metapher. Treue ereignet sich innerhalb des Herzorgans, das uns in der Brust schlägt; hier ist der Ort, wo die Qualität dieses Wissens zu fühlen ist. Es ist sogar so, dass die Tätigkeit des Herzens selber jeden Augenblick die physische Basis für diese Tugend offenbart. Ein Herzschlag folgt auf den anderen, Systole folgt auf Diastole, Ausweitung auf Zusammenziehung. Zwischen der Weitung und der Zusammenziehung aber gibt es einen winzigen Moment, in dem eine Lücke vorhanden ist. Würden wir unsere Aufmerksamkeit nur auf diese Lücke richten, so würden wir die fortdauernde Gegenwart des Todes erleben, als integralen Teil des Lebens. Diese Lücke aber wird gefüllt, indem das Herz dem eigenen Prozess treu bleibt. Dieser Prozess schließt das innere Wissen mit ein, dass die Lücke nicht bleiben wird. Der fortdauernde, in Dehnung und Zusammenziehung bestehende Rhythmus des Herzens ist auch der Rhythmus der Seele. Ohne einen Sinn für diesen Rhythmus aber besteht das Leben der Seele nur in einem Hin- und Hergezogenwerden zwischen den polaren Gegensätzen. Treue muss die Lücke füllen.
Treue ist die rhythmische Bewegung zwischen den seelischen Polaritäten der dogmatischen, rigiden Haftung an einer Verpflichtung (Zusammenziehung) einerseits und dem leichtfertigen Sich-Ziehen-Lassen in jede beliebige Affinität andererseits (Ausweitung). Die Tugend ist das beständige Ruder inmitten der ständigen Strömungen der in der Seele existierenden Kräfte der Liebe. Damit die Tugend aber funktionieren kann, muss jeder Sog, jede Unterströmung empfunden werden. Es ist notwendig, in den widersprüchlichen Bewegungen des Herzens darinnen zu sein, deren Wechselhaftigkeiten zu erleiden. Wir müssen die ganze Fülle der Verpflichtung erleben: die Lücke, in der nichts zu existieren scheint, und die Anziehungen, die uns von der Beständigkeit jemandem gegenüber hinweglocken – das alles zusammen müssen wir erleben.
Als eine erste Annäherung an ein konkretes Erlebnis dessen, was mit Treue gemeint ist, ist es extrem hilfreich, die Aufmerksamkeit von der Gegend des Kopfes zum Ort des Herzens hin zu verlagern und sich für ein paar Momente innerhalb des Herzrhythmus‘ zu konzentrieren. Man richte nicht bloß vom Kopf aus die Aufmerksamkeit auf den Herzrhythmus; das hieße ja, auf das Herz zu fokussieren und nicht innerhalb seiner. Es ist durchaus möglich, eine Art Herz-Innenbewusstsein zu entwickeln.
Das erfordert weiter nichts, als dass man sich für ein paar Augenblicke jeden Tag darin übt, willentlich die Aufmerksamkeit von der Region des Kopfes in die des Herzens zu versetzen, aus den fortdauernden, ständig laufenden Gedanken, die wir haben, heraus und in die innere, aktive Ruhe des Herzens hinein. Als Erstes kann es vorkommen, dass man beim Bewegungsversuch vom Kopf weg und ins Herz hinein Angst erlebt. Man versuche, diesen Wechsel für ein paar Momente zur gleichen Zeit jeden Tag zu vollziehen. Nach einer Weile wird die Angst aufhören und es wird möglich sein, den innerlichen Sinn für den Rhythmus des Herzens zu empfinden.
Die Sprache zu finden, um das zum Ausdruck zu bringen, was wir innerhalb eines inneren Herzbewusstseins erleben, ist es nicht so leicht. Wir müssen etwas ziemlich Wortloses in Worte übertragen und dabei durchschauen, dass sich der Kopf dabei wieder eingeschaltet hat. Das von innen her erfahrene Herz ist keine Erfahrung eines Gegenstandes, sondern gleicht eher der Erfahrung eines Raumes, eines ungeheuren Innenraums – nichts als Innenraum. Wenn ich auch nur für einen Augenblick gewahr werde, dass ich mich in diesem Innenraum befinde, drängt sich eine starke Angst, ja sogar eine starke Empfindung der Furcht herein und verdrängt sofort mein Bewusstsein aus diesem heiligen Zentrum. Es ist recht schwer, innerhalb des Herzraumes zu verweilen. Wer seine Aufmerksamkeit dorthin verlagert und sich dieser Aufmerksamkeit bewusst wird, dem kommt der Verstand dazwischen. Zu einem solchen Dazwischenkommen gesellen sich Angst und Furcht. Hat man einmal diese Störung erkannt, so bringe man die Aufmerksamkeit zum Raum innerhalb des Herzens zurück. Diesmal wird es möglich sein, ein wenig länger dort zu bleiben.
Der innere Raum des Herzens gleicht nicht dem inneren Raum eines Zimmers. In ersterem Raum existieren Qualitäten; er ist kein Vakuum. Es ist zum Beispiel vollkommen richtig, diesen inneren Herzraum als „moralischen Raum“ zu bezeichnen, was genau beschrieben werden muss. Der hier verwendete Ausdruck hat nichts gemein mit der Moralität oder dem Moralismus. Vom inneren Raum des Herzens her nehmen wir alles, was wir tun, als bedeutungsvoll und folgenschwer wahr. Im Herzraum ist es unmittelbar evident, dass die Art, wie wir einen anderen Menschen behandeln, auf dessen Seelenleben eine Auswirkung hat. Die inneren Strömungen unserer Herzenskräfte stehen in direkter Verbindung mit den inneren Kräften der Herzströmungen anderer. Die Tugend der Treue erkennt die Wirklichkeit dieser Strömungen als das Medium, innerhalb dessen sie ihren Kurs aufnehmen muss. So ist die Treue also eine besondere Art, mit einem anderen Menschen zusammen zu sein, und nicht eine Art, sich einem anderen Menschen gegenüber zu verhalten. Diese Art, mit einem Menschen zusammen zu sein, hat reale, fortdauernde Auswirkungen, die beide Menschen verändern; man stellt sie sich besser als eine Kraft denn als eine Verhaltensweise vor.
Diese neue Definition von Treue als Vernetzung der zwischen Menschen befindlichen Herzströmungen bedeutet, dass wenn die Tugend da ist, man eine eigene Art der Resonanz erlebt, entweder zwischen zwei Menschen oder zwischen uns selbst und dem Anliegen, dem gegenüber wir treu sind. Diese Resonanz ist ein inneres Herzwissen, dass wir uns mit jedem in ständiger Verbindung befinden, dem wir treu sind. Unser äußeres Verhalten wird zweitrangig. Das soll nicht heißen, dass das Verhalten unwichtig wäre, sondern dass das äußere Verhalten an der inneren Resonanz, allerdings in nicht vorgeschriebener Weise teilnehmen wird. So fühle ich mich völlig frei, mich auf tiefer Ebene mit jemand anderem zu verbinden, ohne zu fühlen, dass ich untreu wäre – solange ich in dem Gefühl der Resonanz darinnen bleibe und diesem Gefühl die Treue halte.
Es ist auch zutreffend, wenn diese Charakteristik des Herz-Innenraumes erweitert wird um die Eigenschaften des „Emotional-Raumes“ und des Gefühls-Raumes, die zwei völlig verschiedene Qualitäten sind. Mit Emotional-Raum meine ich, dass die innere Region des Herzens der Quell der energetischen Tätigkeit der Seele ist. Diese energetische Tätigkeit ist das, was wir als Emotion fühlen. Wenn wir uns dem Leben des Herzens stellen, so erleben wir die Dinge in emotionaler Weise. Emotion ist eine reine Form der Energie des Herzens und der Seele. Gemeint ist nicht, dass man hierbei spezifische Emotionen wie Zorn oder Verlangen oder Freude empfindet; vielmehr meine ich, dass das Herzzentrum das gefühlte Erfassen von Seele als dynamischer Aktivität ist, und nicht einfach als inneres Fühlen oder als Anwesenheit von Bildern. Emotion ist die gefühlte Bewegung der Seele, ihre Lebendigkeit und ihr Feuer. Emotionen bringen die Bilder dazu, dass sie fühlen, und lässt sie nicht einfach als innere Bilder vorhanden sein.
Das Innere des Herzens als ausgestattet mit der Eigenschaft eines gefühlten Raumes ist anders als die emotionale Qualität des Herzens. Unter dieser Qualität verstehe ich, dass das Herz eine kognitive Kapazität, eine Erkenntnisart – der Ursprung selber aller wahren Erkenntnis anderer Menschen ist. Gegenstände erkennen wir über den Kopf. Andere Menschen erkennen wir mittels des Fühlens. Das Fühlen ist ein alternatives Erkennen, das sich vom intellektuellen Erkennen darin unterscheidet, dass das, was wir fühlend erkennen die Innerlichkeit der Dinge, die Innerlichkeit von allem ist. Intellektuelles Erkennen beschränkt sich auf ein Erkennen der Dinge von außen; es geht dabei um ein Zuschauer-Erkennen.
Unabhängig von dem, was wir an biologischen oder medizinischen Kenntnissen von dem Herzen haben, was darin vor sich geht: das unmittelbare Erlebnis des Herz-Innenraumes besteht darin, dass in den inneren Herzräumen diese Qualitäten strömen. Innerhalb dieser drei Strömungen des Herzens – der moralischen Strömung, der emotionalen Strömung, der Gefühlsströmung – ist der Ort, wo wir die Treue als zentrale Aktivität finden.
Außer diesen drei Eigenschaften gibt es weitere Herz-Aktivitäten, von denen man erwarten dürfte, dass man sich ihrer durch eine Umlagerung des Bewusstseins vom Kopf zum Herzen bewusst wird. Erwarten dürfte man, dass man sich des Herzrhythmus, des Herzschlags selbst, oder sogar des Strömens vom Blut ins Herz hinein und aus ihm heraus bewusster wird. Achtet man aber sehr genau auf diese Dinge, so wird man bemerken, dass wenn man sich dieser Aktivitäten des Herzens bewusst wird, das eigene Bewusstsein übergegangen ist vom inneren Zentrum des Herzens zu einem Ort gerade außerhalb, wo es mehr wie zuschauend wird – wenn schon in ziemlich intimer Weise zuschauend. Oder man wird bemerken, dass die Aufmerksamkeit hin- und herwechselt zwischen dem inneren Raum des Herzens und diesem dem Herzen äußerlichen Ort. Eigentlich ist der innere Raum des Herzens sehr still, sehr ruhig, aber ohne statisch zu sein.
Man hat sogar den Eindruck, dass jene Tätigkeit des Herzens – die Systole und Diastole, das Strömen des Blutes – der aktivierende Zustand ist, der die inneren, weltalltiefen Eigenschaften innerhalb des Herzens entstehen lässt, aber nicht selbst an den Eigenschaften dieses Raumes teilnimmt. Anstatt zu denken, dass wir unseren Intellekt dadurch in die Mitte der Brust verlagert haben, dass wir die eigene Aufmerksamkeit vom Kopf zum Herzen versetzt haben, ist es hilfreicher und zutreffender, sich vorzustellen, dass das Erlebnis des Herzinnern Blut-Erkenntnis ist. Wir verlagern uns von der Nervenerkenntnis des Denkens zur Blut-Erkenntnis des Fühlens.
Was haben diese Eigenschaften des inneren Herzens-Raumes (moralischer Raum, emotionaler Raum, Gefühls-Raum, heiliger Raum) mit der Erkenntnisart zu tun, von der oben als Glauben die Rede ist? Und was haben sie mit der Tugend der Treue zu tun?
Um sich diesen Eigenschaften zuwenden zu können, muss der Ausdruck „Raum“ präzisiert werden, der um die innerliche Eigenschaft der Herzregion zu beschreiben hier verwendet wird. Dieser Ausdruck vermittelt zu ungenau die Charismatik des Herzinneren – er wirkt zu statisch. Das Innere des Herzens ist ganz dynamische Bewegung, ein Fluss des subtilen moralischen Fühlens, der Emotion und des Fühlens und der vielen von diesen erzeugten Unterströmungen – die Kräfte der Leidenschaft, des Verlangens, Sehnens, Wartens, Liebens. Dieser dynamische Fluss birgt auch die Seelenerlebnisse des Trauerns, der Reue, der Verletzung, des Schmerzens und des Mangels.
Der Innenraum des Herzens fühlt sich unermesslich an, während sich zu gleicher Zeit diese Unermesslichkeit ungeheuer konzentriert anfühlt – eine konzentrierte Unermesslichkeit. Diese zwei scheinbar sich widersprechenden Eigenschaften sind an dieser Stelle eine und dieselbe Eigenschaft. Im Herzinnern können wir uns verlieren, dann kommt jemand daher, der aus uns heraus das Verlangen nach Treue hervorlockt; dann scheint es endlich, als gäbe es einen Grund dafür, dass die hintergründigen Kräfte des Herzens in dieser anscheinend so chaotischen Weise angeordnet sind. Wir finden plötzlich jemand, der die Aufmerksamkeit auf die strömenden Kräfte des Herzens richtet, was sie wiederum in eine Richtung bündelt. Der Eintritt in die Tugend erfordert nicht nur, dass man in einem Akt der Verbindlichkeit den Fokus auf jemand gerichtet hält; dieser Eintritt bedeutet auch die Verbindlichkeit, in das dynamische innere Wirbeln der Kräfte des Herzens einzutreten, diesen Bewegungen die Treue zu halten und sie lesen zu lernen und zu verstehen, was sie gerade tun und wohin sie wollen, dass wir gehen.
Diese Weise, sich die Treue vorzustellen und in ihre Ansprüche einzutreten bringt eine neue Fähigkeit zur Entwicklung, nämlich die Fähigkeit, innerhalb unmöglicher, unauflösbarer Gegensätze darinnen zu bleiben, ohne eine Lösung suchen zu müssen. Wenn wir uns mit einem anderen Menschen wahrhaft intim einlassen – wo die tiefsten Emotionen sich offenbaren, die tiefsten Sehnsüchte, Begierden, Hoffnungen –, dann geschieht etwas hoch Widersprüchliches. Wir fühlen uns von anderen stark angezogen. Wir fühlen uns dem Menschen, dem wir uns verpflichtet haben, nicht weniger verbunden, und doch werden andere Anziehungen tatsächlich gesteigert. Es kann nicht anders sein. Wenn das Herz offen ist, so ist es nicht selektiv offen. Es ist offen, Punkt.
Treue hat zu allererst damit zu tun, dass wir in diese widerspruchsvollen Strömungen eintreten und dabei bleiben. Treue bedeutet, dass wir diesen unmöglichen Strudel sich widersprechender Gefühle als einen Erkenntnisweg auffassen zu Dingen hin, die wir auf anderem Wege unmöglich erkennen können. Was wir durch die Herzenstreue erkennen, das ist, dass die Liebe nur durch die Pforte sich widersprechender Gegensätze eintritt, die in unauflösbarer Spannung gehalten werden. Aus der Perspektive des Herzens ist der Gedanke ziemlich töricht, dass wenn man jemanden tief und von Herzen liebt, dies andere ausschließt. Je tiefer ich jemanden liebe, umso stärker fühle ich mich von anderen angezogen. Das klingt allerdings ketzerisch. So hat Liebe nicht zu funktionieren. Genau das tut sie aber. Und die Tugend der Treue erfordert, dass wir bei der an erster Stelle stehenden Liebe bleiben, aber ohne die nunmehr lebhafter gewordenen Anziehungen zu leugnen, abzuweisen, oder zu drosseln. Unter diesen Bedingungen bekommt die Tugend nun Atmungsraum und kann in ihrer vollen Spannweite ihrem Sinn leben.
Ein zweiter Aspekt dieses innerlichen Raums trägt uns in einen weiteren Widerspruch hinein, der dann auftaucht, wenn wir uns auf die seelische Arbeit der Treue einlassen. Dieser innerliche Raum ist zugleich überaus dunkel und überaus hell. Wir fühlen uns, wenn wir Treue üben, von den vorstellbar dunkelsten Gedanken und Emotionen attackiert. Es ist, als würden wir plötzlich aus einem Boot hinaus und in gefährliche Strömungen hineingeworfen. In völlig paradoxer Weise sind diese Strömungen zugleich auch Strömungen des Lichtes – unter einer bestimmten Voraussetzung. Diese Voraussetzung ist die, dass wir uns den dunklen Strömungen all unserer Begierden, Bedürfnisse, Wünsche – sogar derer des Schmerzens, der Verwundung, des Verlassenseins – übergeben und zulassen, dass uns das göttliche Licht durch die Qual hindurchträgt. Dies ist die Handlung der Treue – das Festhalten an der dunklen Qual, die zugleich – und dies ist ein Geheimnis – dasselbe ist wie das göttliche Licht.
Ich glaube, dass sich die Eigenschaft des oben beschriebenen inneren Raumes von jedem bestätigen lässt, der den Willen hat, den beschriebenen Übungen Zeit zu widmen. Es muss eine weitere Eigenschaft erwähnt werden. Eigentlich geht es nicht so sehr um eine zusätzliche Eigenschaft, als um eine nähere und differenziertere Beschreibung der besonderen Gefühlseigenschaft, die den Innenraum des Herzens kennzeichnet. Auch hier treffen wir auf einen Widerspruch. Diese Gefühls-Eigenschaft des Herz-Innenraums ist als „Schmerz-Freude“ zu beschreiben. Diese Gefühls-Eigenschaft wechselt in der Regel nicht zwischen diesen beiden Qualitäten; auch ist sie keine eigentliche Kombination dieser beiden Qualitäten. Der Ausdruck „Schmerz-Freude“ sollte eine spezifische Art des Fühlens vermitteln.
Meines Wissens existiert kein Ausdruck, der diese Gefühls-Eigenschaft vermittelt. Sie ist keine Qualität, die in unseren gewöhnlichen Zuständen des Fühlens erlebt wird so, wie sie im alltäglichen Leben vorkommen. Im Alltagsleben scheint diese Gefühls-Eigenschaft sich in ihre zwei separaten Aspekte des Schmerzes und der Freude zu trennen. Diese Gefühls-Eigenschaft von vereinigter „Schmerz-Freude“ beschreibt vollkommen das Gefühl der Treue.
Wie mit allen Tugenden, die wir bisher behandelt haben, richtet sich auch bei der Treue unser Fokus auf die Beschreibung der Tugend von einem inneren Standpunkt her. Wir haben uns eine neue Vorstellung der Tugend erarbeitet, in der sie eine Handlung der Seele ist, und keine für mich bloß wünschenswerte Verhaltensweise, deren Ausführung ich aber den Heiligen überlasse. In einem zweiten Fokus geht es darum, Vorschläge für die innere Entwicklung anzubieten, die die Handlung der Tugend als seelische Qualität stärken kann.
Zu Beginn kann gesagt werden, dass die Treue ein Geheimleben führt. Sie lebt nicht im Tageslicht des wachen Bewusstseins, außer in bestimmten, nachdenklichen Momenten, in denen wir über unsere Beziehung zu jemandem nachdenken oder grübeln oder uns an sie erinnern. Die andere, intimere Weise, sich der Treue bewusst zu werden, besteht im Beraten mit dem eigenen Herzen, indem man wie oben beschrieben die Aufmerksamkeit in diese innere Region hineinverlagert. Dabei halte man aber diesmal das Bild oder den Gedanken an einen Menschen im Bewusstsein, zu dem man eine Verbindung der Treue fühlt. Die Gegenwart dieses Menschen ist in der inneren Gegend des Herzens zu fühlen. Welcher Art sind die empfundenen Qualitäten der inneren Gegenwart dieses Menschen?
Das Erste, was wir vom Gesichtspunkt der innerlichen Herzgegenwart hinsichtlich der Treue sagen können, ist dass diese Tugend nicht dasselbe ist wie die Liebe, wenngleich das Zentrum ihres Funktionierens das Herz-Innere ist. Liebe mag zwar mit dabei sein, aber sie ist nicht das Wesen dieser Tugend. Andererseits, wenn ich innerhalb des Herzens keine Empfindung dieses Menschen orten kann, so besteht im Verhältnis zu diesem Menschen wahrscheinlich keine Treue; beziehungsweise wenn hier doch von Treue die Rede sein kann, dann als eine Treue ganz äußerlicher Art – eine gehegte Idealvorstellung oder etwas Aufgestülptes.
Der Unterschied zwischen beiden, ob mit einem Menschen von der innerlichen Anwesenheit her oder einer äußerlichen Verhaltensform gemäß betrachtend umgegangen wird, ist frappierend. Wenn Treue ein äußerlicher Akt ist auf Grund einer Vorstellung, dass dieses Verhalten wichtig ist, so schließt die Treue den anderen Menschen in keiner intimen Weise mit ein. Hier hat die Treue die Qualität einer Verpflichtung. So gesehen lebe ich innerhalb dieser empfundenen Verpflichtung, die dem anderen Menschen mehr oder weniger aufgestülpt ist. Diese Art der Treue kann von dem anderen tatsächlich als erstickend empfunden werden.
Völlig äußerliche Treue bedeutet, dass ich die Verpflichtung auf mich genommen habe, im Leben eines anderen eine beständige Präsenz zu sein. Ich tue dies mit Beständigkeit, tagein, tagaus. Ich bin, wie man zu sagen pflegt, für diesen Menschen da. Eine solche Treue besitzt die Macht, das innere Leben der Beziehung zu töten, wenngleich sie, von einem äußeren Gesichtspunkt gesehen, eine bewundernswerte Stetigkeit zu bieten scheint. Diese Treue, so könnten wir sagen, ist eine Treue ohne Glauben. [Engl. „faithfulness without faith“.]
Eine Treue des Herzens funktioniert ganz anders als veräußerlichte Treue. Wenn ich zum Beispiel eine wirkliche Treue einem anderen Menschen gegenüber fühle, so nimmt meine innere Verbindung mit diesem Menschen an all den an all den widerspruchsvollen Eigenschaften teil, die den inneren Qualitäten des Herz-Bewusstseins zugeordnet wurden. Treue bedeutet hier nicht „Stetigkeit“; im Gegenteil: vom innerlichen Standpunkt betrachtet ist die Beziehung stets in „Bewegung“. Hier „kenne“ ich diesen Menschen in ganz anderer Weise, als ich jemanden kenne, an dem diese Tugend in der Beziehung nicht teilhat. Es geht hierbei um eine Art Nichtkennens, hat aber mit einem Mangel an Erkenntnis nicht das Geringste zu tun.
Treue verpflichtet mich zu einem Umgang mit einem anderen Menschen, indem ich mich möglichst nahe an den Herzrhythmen halte; indem ich diesen Menschen durch die Art kenne, wie ich ihn behandle und emotional auf ihn reagiere; und indem ich der fühlenden Erkenntnis folge. Es offenbaren sich dabei laufend total neue Aspekte des Menschen, dem gegenüber ich um eine Beziehung der Treue bemüht bin. Ebenso verschwinden manchmal auch Aspekte, die mir bewusst sind, völlig; sie werden verborgen.
Wenn Treue eine völlig äußerliche Sache ist, so wird die ganze Beziehung dann fragwürdig, wenn ausgerechnet die Eigenschaften des Menschen verschwinden, die mich überhaupt erst zur Treue ihm gegenüber geführt haben. Ich ertappe mich dabei, dass ich sage: „Das ist nicht derjenige, dem gegenüber ich meinen Treueentschluss gefasst habe. Dieser Mensch hat sich geändert, so besteht keine Basis mehr, mich noch an die Verpflichtung zu halten.“ Dabei sehen wir aber leider nicht, dass die Art und Weise, wie wir die Tugend erst aufgegriffen haben, höchstwahrscheinlich mit einer Veränderung der Eigenschaften der Beziehung gar nicht rechnet.
Wird Treue als innerliche Qualitäten des Herzens gelebt, so ist es das ewig sich ändernde Wesen des Menschen, dem ich treu bin. Diese Orientierung ist kreativer Art. Sie erschafft für den anderen Menschen die Möglichkeit, im Leben zu wachsen, sich zu entwickeln und sich zu wandeln. Diese Tugend wirkt befreiend, während veräußerlichte Treue fesselt. Der Philosoph Gabriel Marcel hat eine schöne Bezeichnung für die so verstandene Tugend. Er nennt sie „schöpferische Treue.“
Der Ausdruck „schöpferische Treue“ enthält die Wahrheit, dass diese Tugend etwas erschafft, was es sonst nicht gäbe – nämlich die Freiheit des anderen Menschen. Es ist nicht so, dass die Treue so, wie sie hier begriffen ist, den anderen Menschen bloß dessen Freiheit lässt; sie stellt vielmehr diese Freiheit im Wesentlichen erst her. Mag sein, dass uns Menschen die eingeborene Kapazität zur Freiheit innewohnt, aber diese Kapazität will ausgelöst, in Gang gebracht werden; dieser anfängliche Impuls zum eigentlichen Leben der Freiheit ist nichts, was wir auf eigene Faust, aus den eigenen Seelenkräften heraus machen.
Dieses tiefere Verständnis der Tugend der Treue enthüllt, dass sich die Tugend nicht bloß auf unsere intimsten Beziehungen beschränkt. Sie kann und muss sich auf andere ausweiten, zunächst auf familiäre Kreise, dann auf Freundschaften, dann auf die vielen uns zwar bekannten, aber nicht intim vertrauten Einzelmenschen. Dass die Tugend so ausgeweitet wird, ist deshalb nötig, weil diese Ausweitung in der Welt etwas erschafft, was es in keiner anderen Weise zu erschaffen geht: eine wahre Erfahrung der Freiheit, sowohl für den, der sie schenkt, als auch für den, der sie empfängt.
Beginnt einmal eine Beziehung, sich routine-artig, bequem, leicht von der Hand anzufühlen, so stehen wir vor der Möglichkeit, dass wir in äußere Beständigkeit hineingestürzt sind und mit den innerlichen Wirbeln der Herzströmungen – mit diesem inneren Mahlstrom, der als Lebens-Fluten-Meer dient, in dessen Tiefe das Ruder der Treue erst voll greift – den Kontakt verloren haben.
Es ist illusorisch, sich die Tugenden als Lenkerinnen hin zum inneren Frieden vorzustellen. Sie führen zum Innern des Lebens hin, nicht zum Frieden. Sie verrichten schöpferische Arbeit in der Welt, und schöpferisches Arbeiten ist niemals friedlich.
Solche erlebten Polaritäten wie diejenigen, die das rhythmische Zentrum des Herzens kennzeichnen, sind Agonien und Krämpfe des Erschaffens. Als primäres, alle diese Agonien zusammenfassendes Erlebnis kommen der Treue ihre wahren Dimensionen als Seelenqualität überhaupt erst zu – Dimensionen, wohlgemerkt, die wir niemals ganz im Griff haben – können. Unsere Treue ist etwas, das wir erleiden müssen, ist etwas, das wir zulassen müssen, damit sie uns ihre Wege weist. Das sind Wege zwar, die wie komplexe Moraste und Komplikationen scheinen mögen; gerade das gewährleistet aber unser Angeknüpftsein an die Seele eines Menschen oder eine Arbeit oder eine Aufgabe, mit denen wir eine Beziehung der Treue leben. Es gibt keinen Sinn, zu sagen: „Ich werde jemandem treu sein“. Eine wunderschöne Absicht ist das allerdings; aber wir können höchstens und dann nur mit großem Bangen uns dazu entschließen, in die Tiefen der Treue hineinzuspringen. Und dann gilt es, uns am nächstbesten Strohhalm festzuklammern.
Tugenden sind Anrufe, Einladungen an die Seele, sie sind die Aufgabe, die eigene Entwicklung hin zur geistigen Seele in Angriff zu Nehmen. Sie sind keine Aufstellung frommer Regeln, deren Befolgung uns zu spirituelleren Menschen machen wird. Tugenden sind für „Krieger der Seele“; sie sind Waffen, mit denen die Seele um die geistige Reiche zu kämpfen vermag. Ohne diese Waffen ist die Seele zu den Tiefen der Tiefen verurteilt, zum Schattenland und nicht zum Land des Geistes.
Was tut die Treue in der Welt? Wie das Wort nahelegt, treten wir allmählich in eine innere Vollerkenntnis des Seelenwesens des anderen Menschen ein, in der wir die vollen Möglichkeiten dieses Menschen wahrnehmen. In der Treue erleben wir nicht den anderen Menschen genau so, wie er ist; wir erleben ihn als den, der zu sein er vorgesehen ist. So besteht Treue denn in einer eigenartigen Weise, die Zukunft zu wissen. Die Agonie der Tugend hat damit zu tun, dass wir aus einer vom Herzen her geweissagten Zukunft die Beziehung zu diesem Menschen pflegen. Eine solche Auffassung müsste der Psychologie als gefährlich, und derjenige, der so zum Wesen dieser Tugend hält, gar als pathologisch gelten. Gegen jeden, der seine Beziehung zum Potential eines Menschen verficht, statt zu dem, was er tatsächlich ist, würde allerhand Verdacht auf Projektion und Verdrängung gehegt sowie mangelnde Geistesgegenwart gegenüber dem Menschen, der gerade vor uns steht. Ferner dürfte es grausam und inhuman scheinen, zu etwas eine Beziehung zu unterhalten, das vom gewöhnlichen Gesichtspunkt aus nicht real vorhanden ist.
Vom Gesichtspunkt aber der Geist-Seele sind wir das, was wir sein können, und nicht das, was uns gebildet hat, auch nicht nur das, was wir im Augenblick zu sein scheinen. Treue ist keine Prognostik, keine Rutengängerei. Sie ist vielmehr ein bestimmter Standpunkt, den die Seele gegenüber dem Seelen-Sein eines anderen Menschen bezieht. Ich bin als treuer Mensch dem Schicksal des anderen Menschen treu, dem, der der andere Mensch wird. In dieser Weise dem anderen Menschen treu zu sein erschafft teilweise die Möglichkeiten für den, der dieser Mensch werden kann.
Von einem äußeren Gesichtspunkt ist es kaum möglich, zwischen einer Verbindung der Treue und einer des Schicksals zu unterscheiden. Der Ausdruck „Schicksal“ ist eine weitere Bezeichnung, die das Geloben einer eher äußerlichen Beständigkeit in einer Beziehung hervorhebt. Eine Beziehung des Schicksals ist gewiss nichts Schlimmes; sie kann durchaus bedeutungsvoll sein, freudig und tiefgehend; oder aber auch qualvoll. So ist es auch mit einer Beziehung, die die Treue des Herzens im Mittelpunkt hat. Aber die Qualen und Freuden jeder dieser Beziehungen sind je in einem anderen Seelenraum zentriert. Der Inhalt dessen, was in jeder dieser Beziehungsformen ausgelebt wird, mag wohl absolut identisch sein, was aber nur zeigt, dass der Unterschied nicht so sehr in den Erlebnissen liegt, denen man in jeder dieser Beziehungsarten begegnet. Der Unterschied liegt in den eher subtilen Aspekten der Erfahrung und hängt davon ab, ob die Beziehungspartner ihre Erfahrungen miteinander mehr als feste Inszenierung (planmäßige Umsetzung) oder aber als Improvisation empfinden.
Eine Beziehung mit Inszenierungsqualität trägt den Charakter der Wiederholung, der Gewohnheit, des immer und immer wieder Aufsuchens derselben Freuden, derselben Prüfungen, derselben Schwierigkeiten. Von einem äußerlichen Gesichtspunkt betrachtet – beziehungsweise von der Zuschauerperspektive außerhalb des eigenen Seelenlebens – mag eine solche Beziehungsart zwar so aussehen wie Treue. Dieses Verhaltensmuster ist nicht unbedingt statisch; Wiederholung vertieft oft die gelebten Eigenschaften einer Beziehung. Treue hingegen gestattet uns in der Pflege einer Beziehung nicht die gleiche Gewissheit. Was sich im nächsten Moment ereignen mag hat viel stärker den Charakter eines Unbekannten. Wir können uns nicht auf die sich wiederholenden Gewohnheiten der Vergangenheit verlassen, um dem zu begegnen, was als Nächstes geschieht. Wir müssen den nächsten Augenblick improvisieren, und zwar von einem Empfinden der innerlichen Regionen des Herzens her. Beziehungspflege als Jazz.
Auch in einer Beziehung, die auf der Tugend der Treue fußt, spielt ein starkes Schicksalselement oder aber die planmäßige Umsetzung seelisch universeller Urbilder als Ausdruck des Seelenlebens eine Rolle. Diesen Aspekt der Seele wollen wir nicht vermeiden (vermeiden kann man ihn auch gar nicht). Aber im Unterschied zu einer Beziehung, in der das Schicksalhafte und dieselben immer wieder gelebten Muster alles ist, was gefühlt wird, werden in einer Beziehung der Treue eben diese sich wiederholenden Muster zum künstlerischen Material, durch das wir neue Aspekte der Seele des anderen Menschen entdecken. Hier geben Muster der Vergangenheit den Stoff zu seelischer Improvisation ab und ermöglichen den Eintritt in eine Zukunftsströmung der Seele, wo für beide der an der Tugend der Treue beteiligten Menschen sich eine Fähigkeit zur Gestaltung ganz neuer seelischer Erfahrungen zu bilden beginnt. Treu zu sein bedeutet, dass man sich diesem Prozess seelischer Improvisation vom Orte des Herzens her verpflichtet.
In unseren gewöhnlichen Beziehungen, selbst in denen, die von Dauer sind und wo eindeutig eine äußerliche Form der Treue vorliegt, dient die Beziehung nicht der Seele des anderen Menschen, sondern der eigenen Seele. Diese scheinbar eigennützige Art der Beziehungspflege ist nicht zwingend egoistisch oder selbstsüchtig; dient die Beziehung doch der Seele. Eine Beziehung der Treue dient aber der Seele des anderen Menschen. Sie kann nicht anders; das liegt im Wesen der Treue selber. Nicht um meinetwillen bin ich einem anderen Menschen treu, nicht einmal auf der Ebene der Seele ist das so. Durch mein Treusein wird mir nicht gedient, in direkter Weise bestimmt nicht. Treue lebt man für jemand anderen, und weil sie im Inneren des Herzens, und zwar auf seelischer Ebene lebt, lässt sie sich nicht von den eigenen selbstsüchtigen Bedürfnissen und Begierden gefangen nehmen.
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Weiterlesen in Die Macht von Seele. Wege zum Leben der zwölf Monatstugenden
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